Pflegenotstand führt zu Erschöpfung beim Pflegepersonal
26.04.2023    Lisa Reschka
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Während der Pandemie wurden sie als Heldinnen und Helden gefeiert. Doch inzwischen entscheiden sich immer mehr Pflegekräfte dazu, ihren Job an den Nagel zuhängen. Schlechte Arbeitsbedingungen, Anstieg der Arbeitsbelastung, mäßige Bezahlung: In Deutschland fehlen laut dem Deutschen Pflegerat rund 100.000 Pflegekräfte.

Andrea Schmidt-Rumposch, Pflegedirektorin der Universitätsmedizin Essen, zeigt im Interview die Missstände auf, erklärt, wie digitale Lösungen die Situation in der Pflege verbessern können und welche Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden müssen.

Zur Person

Porträtfoto Andrea Schmidt-Rumposch

Andrea Schmidt-Rumposch

ist Pflegedirektorin und Vorständin an der Universitätsmedizin Essen

Der Pflegenotstand ist allgegenwärtig. Wie äußert er sich?

Andrea Schmidt-Rumposch: Der demografische Wandel trifft uns in dreifacher Weise: Die Menschen werden älter, die Pflegebedürftigkeit steigt mit zunehmendem Alter und damit auch die Anzahl der zu betreuenden Personen. Die geburtenstarken Jahrgänge werden ab 2030 in Rente gehen – und damit viele Menschen, die derzeit in der Pflege tätig sind. Das heißt auch, es stehen zukünftig weniger Pflegekräfte zur Verfügung.

Stichwort Digitalisierung: Welche digitalen Hilfsmittel könnten das Pflegepersonal entlasten?

Schmidt-Rumposch: Pflege braucht mehr Zeit für die direkte Patientenversorgung. Mithilfe digitaler Lösungen haben wir die Möglichkeit, Arbeitsprozesse zu optimieren, etwa in der Service- und Transportrobotik. Damit werden Pflegekräfte entlastet, das verbessert die Arbeitsbedingungen und erhöht die Zufriedenheit der Pflegefachpersonen.

Welche digitalen Lösungen nutzen Sie im Klinikalltag, und welche Auswirkungen haben diese auf die Patientinnen und Patienten?

Schmidt-Rumposch: Wir haben geschaut, wie innovative digitale Technologien uns im Alltag helfen können, zum Beispiel durch robotergestützte Operationen oder den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Radiologie. Bettensensorik und Spot-Monitore liefern pflegerelevante Daten. Die elektronische Patientenakte schafft dafür die Basis. Früher ist das Pflegepersonal mit Akten durch die Gänge gelaufen; heute nutzen wir durchgängig Tablets.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?

Schmidt-Rumposch: In Deutschland haben wir eine unzureichende digitale Infrastruktur. Da sehe ich für die Politik Nachholbedarf. Besonders beim Datenschutz bedarf es einheitlicher Regelungen. Es braucht eine Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen und eine grundsätzliche Reform mit einer sektorübergreifenden Versorgung und einer Neuverteilung der Aufgaben. Ein wichtiger Punkt ist die Qualifikation der Pflegekräfte. Wir müssen die digitalen Kompetenzen der Pflegekräfte fördern – in Ausbildung, Studium und Fortbildungen.

Podcast-Tipp

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26.04.2023    Lisa Reschka
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