Collage mit Illustrationen, die Krankenkassen symbolisieren
01.03.2023    David Matusiewicz
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Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts sind vom Sozialgesetzbuch abhängig und bewegen sich gleichzeitig in einem Markt mit derzeit ein bisschen Wettbewerb untereinander. Sie befinden sich heute in einem ständigen Stresstest und sehen sich mit immer stärkerer Konkurrenz durch Tech-Riesen wie Amazon konfrontiert.Illustration Kolumne David Matusiewicz

Spätestens seit dem Markteintritt der ersten digitalen (privaten) Krankenkasse Ottonova stellt sich die Frage, wieso es noch so viele Krankenkassen in Deutschland gibt und was diese in einer zunehmend finanztechnisch automatisierten Welt künftig noch leisten können.

Unsere Studie zur gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2030 hat gezeigt, dass sich ein sehr heterogenes Bild innerhalb der Masse der gesetzlichen Krankenkassen abzeichnet. Das beginnt schon damit, dass unklar ist, wo die Kompetenz zur Digitalisierung in der Aufbauorganisation verortet ist. Während einige Krankenkassen dem digitalen Wandel offen gegenüberstehen, sehen andere primär die Herausforderungen, die dieser Prozess mit sich bringt.

Ein Blick zurück

David Matusiewicz ist Professor für Medizinmanagement an der FOM Hochschule. Seit 2015 verantwortet er dort als Dekan den Hochschulbereich Gesundheit & Soziales und ist einer der renommiertesten Experten für Digital Health in Deutschland

Die Ausbildung der Sozialversicherungsangestellten (SoFa) wurde zuletzt 1993 reformiert, sodass neue Tätigkeitsprofile in Hinsicht auf die Digitalkompetenz auch in Zukunft auf Basis der Ausbildung nicht zu erwarten sind.

Einige der von uns befragten Krankenkassen wollen die SoFa-Ausbildung in Zukunft sogar einstellen und neue Berufe rund um die Ökonomie, Psychologie und Digitalisierung in den Vordergrund stellen. Dies stellt allerdings die Krankenkassen vor die Herausforderung, den richtigen Zeitpunkt zu avisieren, um einen Shift zwischen den alten und neuen Qualifikationen möglich zu machen.

Und was bringt die Zukunft?

Fakt ist: Die Rolle der Krankenkasse wird sich stark verändern. In Zukunft werden individuelle datenbasierte Beratungen durch Avatare oder Chatbots sowie Online-Geschäftsstellen der Normalfall sein. Zudem wird es ein komplexes Zusammenspiel im Ökosystem aus Start-ups und Leistungserbringern geben.

In diesem Jahr haben rund zwei Drittel der Krankenkassen ihren Zusatzbeitrag angehoben. Die Beiträge befinden sich auf einem neuen Rekordniveau. Der politische und wettbewerbliche Druck bleibt also hoch. Und auch die Forderung der Ex-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hallt immer noch nach: „20 bis 30 Krankenkassen sind genug.“ Deshalb sind die Krankenkassen gut beraten, sich vom analogen Payer zum digitalen Partner der Versicherten zu transformieren. Sonst entfällt deren Legitimation. Entscheidend für die Zukunftsfähigkeit einer Kasse wird deshalb ihr Digitalisierungsgrad sein.

 

* Weber, T., Bernnat, R., Burkhart, M., Matusiewicz, D. (2022): „Stresstest für Krankenkassen: Wer besteht gegen Start-ups und Tech-Giganten?“

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01.03.2023    David Matusiewicz
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