Illustration eines Pfeils der in die Mitte einer Scheibe trifft
08.11.2021
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Das am 1. Dezember 2021 in Kraft tretende Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) ersetzt das Telemedien-Gesetz (TMG) und soll für noch mehr Datenschutzstandards sorgen. Die Tech-Giganten Google und Apple werden zudem künftig externen Drittanbietern das Tracken von Nutzungsdaten auf den Endgeräten technologisch unterdrücken. Die Drittanbieter können dann keine Nutzerprofile für Marketingzwecke mehr erstellen. Werbetreibenden droht die Cookie-Apokalypse.

Die meisten kostenfreien Angebote im Internet finanzieren sich über personalisierte Werbung. Möglich ist die Personalisierung durch sogenannte Drittanbieter-Cookies, die das Surfverhalten der Nutzerinnen und Nutzer analysieren. Diese Cookies werden wie Erstanbieter-Cookies auf der Festplatte des Anwenders platziert, wenn sie eine Website ansteuern. Sie stammen aber nicht von der vom User angesteuerten Website, sondern von einem anderen (dritten) Anbieter, der diese für Werbezwecke verwendet. Werden beispielsweise Werbebanner oder „Gefällt mir“-Schaltflächen von weiteren Anbietern auf einer Website eingesetzt, kommen hier Cookies von Drittanbietern zum Einsatz.

Das Ende des Cookie-Zeitalters

Der Einsatz von Cookies auf den Endgeräten wird regulatorisch durch die als „Cookie-Richtlinie“ bezeichnete EU-Richtlinie 2009/136/EG und das deutsche Telemedien-Datenschutzgesetz (§ 13 TMG) geregelt. So ist beispielsweise mittels sogenannter Cookie-Banner eine Einwilligung der Internetnutzer in die Nutzung ihrer personengebundenen Daten durch den Websitebetreiber notwendig. § 25 des am 1. Dezember 2021 in Kraft tretenden TTDSG legt die Einwilligung des Nutzers für alle Cookies fest – beziehungsweise alle Speicherungen und Zugriffe auf die Endeinrichtung eines Endnutzers, die für die Funktion der Webseite, App und jeden anderen Telemediendienstes nicht unbedingt erforderlich ist, also insbesondere für Marketingzwecke (Targeting, Re-Targeting und weitere).

Ersetzt werden soll die Richtlinie eines Tages durch die geplante e-Privacy-Verordnung, die als Ergänzung zur DSGVO speziell die Anwendung von Cookies regeln soll. Mit der neuen Verordnung wird laut Medienberichten ein grundsätzliches Verbot von Drittanbieter-Cookies mit Einwilligungsvorbehalt, das heißt eine Opt-In-Lösung, angestrebt. Mit deren Inkrafttreten dürften Userinnen und User prinzipiell nicht mehr von Drittanbietern getrackt werden, könnten aber gezielt einer Nutzung von Drittanbieter-Cookies zustimmen. Die endgültige Fassung der Verordnung steht derzeit jedoch noch nicht fest.

In Apples Safari wurden bereits Blockierungen gegen Tracking-Cookies von Drittanbietern eingebaut. Google hat angekündigt, Third-Party-Cookies im Chrome Browser ab 2023 (ursprünglich 2022) zu blockieren.

Für die bisherige Formen des Digitalmarketings – mit Hilfe von Drittanbietern gezielt Kundinnen und Kunden zu erreichen – hat dies gewaltige Auswirkungen, denn diese Daten können künftig nicht mehr genutzt werden. Dies entzieht dem Online-Marketing die wichtigste Grundlage: das Tracking. Eine große Herausforderung für  digitale Werbetreibende. Drittanbieter sind zu einem relevanten Anteil von Werbeumsätzen abhängig, die auf Third-Party-Cookies basieren. Ihnen droht eine Cookie-Apokalypse und der Ausfall wichtiger Werbeeinnahmen, wenn Third-Party-Cookies nicht mehr verwendet werden.

Kontext-Targeting, FLoC, Walled Gardens: die Zukunft liegt in First-Party-Data-Strategien

Es ist aus diesem Grund ratsam, baldmöglichst nach bestehenden oder künftigen Alternativen für die Zeit nach dem Cookie-Tracking-Zeitalter Ausschau zu halten. Im Fokus stehen dabei Alternativen, die es Unternehmen ermöglichen, First-Party-Data, und damit unternehmenseigene Daten, zu nutzen. Möglich ist dies zum Beispiel durch kontextbezogene Werbung: Unternehmen können künftig noch mehr versuchen, ihre potenziellen Käuferinnen und Käufer mit Hilfe des sogenannten Kontext-Targeting zu erreichen.

Bei dieser Methode wird Werbung nach dem Auftreten bestimmter Schlagwörter platziert. Wird ein vorab festgelegtes Keyword auf einer Webseite erwähnt, wird dort auch die entsprechende Anzeige platziert. Auf diese Weise ist es etwa Automobilherstellern möglich, Werbeanzeigen neben Medienberichten zur Automobilbranche zu schalten. Nutzerinnen und Nutzer, die sich für ein gewisses Thema interessieren, werden so mit der passenden Werbung bespielt. Unternehmenseigene Daten werden genutzt, um relevante Keywords zu bestimmen. Diese Methode kommt bereits heute im Online-Marketing zum Einsatz und wird künftig noch eine größere Rolle spielen.

Eine weitere Möglichkeit für Erstanbieter-Daten ist die Verwendung von Googles FLoC, die Teil der „Privacy Sandbox Initiative“ des Unternehmens ist. FLoC steht für „Federated Learning of Cohorts“ und ist eine Technik, die dazu dienen soll, Gruppen von Anwendern nach Interessen zu clustern und zusammenzuführen. Dabei werden die Surfgewohnheiten der Nutzerinnen und Nutzer, die beispielsweise den Google Chrome-Browser verwenden, analysiert und ausgewertet. Anhand der Kohortendaten bildet das System Gruppen von Nutzern mit gemeinsamen Eigenschaften und Interessen. Aufgrund der unklaren Rechtslage, ob FLoC in Einklang mit der DSGVO zu bringen ist, kommt FLoC derzeit in der EU noch nicht zum Einsatz. Google hat erste Tests in Europa vorerst ausgesetzt. Für Unternehmen, die außerhalb der EU werben, ist diese Methode jedoch durchaus erfolgsversprechend. FLoC-Daten werden zur Werbenutzung mit unternehmenseigenen Daten abgeglichen, um die potenziellen Zielgruppen passgenau zu erreichen.

Wer außerdem ein Third-Party-Cookie-freies Marketing betreiben möchte, kann etwa die Nutzung sogenannter „Walled Gardens“, sprich geschlossener Plattformen, in denen der jeweilige Plattformbetreiber die Kontrolle über die Werbetätigkeiten behält, betreiben. Ähnlich macht es auch Facebook – die Facebook Inc. ist im Besitz der Facebook-Plattform und Werbetreibende dort können nur über den Betreiber ihre Werbung ausspielen. Diese Marktmacht der Plattformbetreiber wurde in der Vergangenheit oft kritisiert, da Werbetreibende oft von dem Plattformbetreiber abhängig sind. Es ist vorherzusehen, dass auch Publisher ihre First-Party-Daten verstärkt nutzen werden, um eigene „Walled Gardens“ zu errichten. Damit ist eine stärkere Fragmentierung von Targeting, Messung und Kampagnenmanagement zu erwarten, auf die sich Unternehmen in ihren Marketing-Abteilungen oder zusammen mit Partnern einstellen sollten.

Das Ende der Drittanbieter-Cookies naht – Zeit, sich nach Alternativen umzusehen

Die Zukunft des Online-Marketings wird für Unternehmen schwieriger. Bereits heute sind viele Nutzerinnen und Nutzer aufgrund von Adblocker oder Browser-Tracking-Blocker nicht mehr erreichbar. Der regulatorische Rahmen und die Pläne der großen Techkonzerne werden das Zeitalter der Drittanbieter-Cookies endgültig beenden. Trotzdem ist das Online-Marketing für Unternehmen nach wie vor von entscheidender Bedeutung.

Wichtig ist es für Unternehmen, sobald wie möglich nach Wegen und Möglichkeiten zu suchen, wie sie auch in Zukunft ihre Zielgruppen online erreichen können. Werden keine Maßnahmen ergriffen oder erst sehr spät Alternativen zum Cookie-basierten Tracking gesucht, wird die Effizienz ihres Digital-Marketings drastisch sinken und es drohen Umsatzeinbußen. Doch mit Hilfe von unternehmenseigenen Daten und den oben aufgezeigten Wegen zu einer First-Party-Data-Strategie, bieten sich ihnen weitere hervorragende Möglichkeiten, Zielgruppen passgenau zu erreichen.

Zur Person

Porträt von Dr. Stefan Sambol

Dr. Stefan Sambol

ist Partner der Digitalberatung
OMMAX – Digital Solutions. Die auf digitale Geschäftsmodelle spezialisierte Unternehmensberatung sorgt dafür, dass KMUs sowie Konzerne aller Branchen die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung in nachhaltigen Erfolg umwandeln

08.11.2021
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