Seit dem 14. April 2016 ist die Welt ein Stückchen sicherer geworden – zumindest, was das Thema Datenschutz und Datensicherheit in den Staaten der Europäischen Union angeht. An diesem Tag hat das Europäische Parlament die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verabschiedet, die nach einer Übergangszeit seit 25. Mai 2018 für alle Unternehmen in der EU verbindlich ist.
Zugegeben, die notwendige Anpassung der Geschäftsabläufe an die neuen Vorschriften hat uns alle genervt. Sie hat Zeit und Geld gekostet – und über das Ergebnis war man nicht immer begeistert. Doch bei allem Unmut und berechtigtem Ärger über Details: Das war ein guter Tag für die Menschen in der EU. Ich sehe in der DSGVO so etwas wie das Grundgesetz für die Digitalisierung Europas, mit der wir uns klar von den „Datenschutzkonzepten“ der USA und Chinas unterscheiden. Denn in der EU hat jeder Einzelne die Hoheit über seine Daten – nur er oder sie soll entscheiden, was mit den persönlichen Daten passiert.
Gewissenhafter Umgang
Wie unser Grundgesetz durch Gesetze mit Leben gefüllt werden muss, so muss auch die DSGVO durch weitere Bestimmungen konkretisiert werden. Wir haben jetzt eine große Chance: Deutschland hat in diesem Halbjahr die Ratspräsidentschaft innerhalb der EU inne. Und diese Gelegenheit wird erst wieder in den 2030er-Jahren kommen. „Gemeinsam Europa wieder stark machen“ – das ist das Motto, das Bundeskanzlerin Angela Merkel dem deutschen Vorsitz im Europäischen Rat gegeben hat. Die Digitalisierung gehört zweifelsohne auch dazu.
Die Erarbeitung eines Verhaltenskodex, eines Code of Conduct, für die Nutzung der Daten sowie für die Schaffung eines europäischen Datenraums sind dabei zwei Schwerpunkte.
Daten für den guten Zweck
Ein Beispiel für Fragen, auf die ein Code of Conduct Antwort geben sollte: Fitnesstracker liefern heute viele Daten, die auch für die medizinische Forschung interessant sind. Durch Datenspenden können diese Informationen die Forschung und die Versorgung verbessern. Doch unter welchen Voraussetzungen können Bürgerinnen und Bürger ihre Daten spenden? Und wie wird gewährleistet, dass die Spender tatsächlich anonym bleiben? Hier muss dringend eine Balance zwischen Persönlichkeitsrechten und Forschungsinteressen gefunden werden.
Ein erheblicher Mehrwert
Die Coronapandemie hat die Notwendigkeit eines europäischen Datenraums mehr als deutlich werden lassen. Dass es eines solchen dringend bedarf, stand jedoch zu Recht bereits vor Ausbruch von Covid-19 auf der politischen Agenda. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn haben in einem gemeinsamen Gastbeitrag in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 11. Oktober 2019 die Richtung vorgegeben: „Der marktwirtschaftliche Wettbewerb um die Nutzung von Daten sollte davon getrieben sein, welcher gesellschaftliche Mehrwert daraus entsteht. Es wäre das Modell einer Art der sozialen Marktwirtschaft für den europäischen Datenraum.“
Wenn es nun also gelänge, diesen europäischen Datenraum zu etablieren – der Nutzen wäre gewaltig, zum Beispiel für die bessere Bekämpfung von Krankheiten oder eine bessere medizinische Versorgung. Europa braucht jetzt den Mut und den Willen, hier entscheidende Weichen zu stellen.