Chatbot
23.03.2021    Verena Fink
  • Drucken

Kriminelle entdecken Lücken im System – bei großen Organisationen genauso wie bei kleinen und mittelständischen Firmen, die zum Teil erheblichen Schaden davontragen. Laut einer PwC-Studie zur Wirtschaftskriminalität hat 2020 fast jedes zweite Unternehmen bis zu sechs Betrugsfälle verzeichnet. Bis 2025 werden weltweit etwa 44 Milliarden US-Dollar Verluste durch betrügerische Aktivitäten prognostiziert.Illustration Kolumne Verena Fink

Versicherungen im Fadenkreuz

Im Fadenkreuz der Angreifer stehen bevorzugt Versicherungen – nicht nur durch große Cyberattacken, sondern auch durch unzählige Fälle von Versicherungsbetrug. Kein Wunder, dass sich die Versicherer mit Künst­licher Intelligenz (KI) für den Kampf rüsten. Voraus marschiert Lemonade, ein digitaler Versicherer mit Sitz in New York und dem Anspruch, als erster Anbieter einen vollautomatisierten Kundenservice mit Conversational AI, also KI-gestützten Sprachsystemen, abzuwickeln.

Zeichnung Kolumne Verena Fink

Verena Fink: Die Beraterin für kundenzentrierte Innovation und Künstliche Intelligenz von Woodpecker Finch ist Expertin des DUB UNTERNEHMER-Magazins für digitale Impulse aus aller Welt

Drei Chat­bots können Policen in 90 Sekunden verarbeiten. In der Schadenbearbeitung hält Lemonade mit drei bis acht Sekunden Bearbeitungszeit den Weltrekord.

Die KI optimiert nicht nur auf Effizienz, sondern auch auf Risikoselektion. KI-Bot Jim beispielsweise ist der Experte für Schadenfälle und hat schon mehr als 20.000 Ansprüche bearbeitet. Er sammelt die dafür nötigen Informationen, berechnet Ansprüche und bearbeitet Notfälle. Eigenständig konnte er Ansprüche im Gesamtwert von fast 2,5 Millionen Dollar auszahlen.

Betrugsprävention dank KI

Vor einiger Zeit landete der Schadenfall eines Mannes aus Los Angeles in Jims Eingangskanal. Der Anspruchsteller beschrieb in einem Video, wie seine Kamera und weitere elektronische Geräte gestohlen wurden. Jim entschied sich nach ein paar Checks, die eingeforderten 677 US-Dollar zu zahlen.

Dann meldete sich der Mann erneut – diesmal mit blonder Perücke und Lippenstift und der Behauptung, dass eine Kamera im Wert von 5.000 US-Dollar gestohlen worden sei. Obwohl er ein neues Konto mit falschem Namen sowie mit falscher E-Mail-Adresse und Telefonnummer verwendete, erkannte Jim die Trickserei, lehnte ab und markierte den Benutzer. Der Betrüger versuchte es allerdings ein drittes Mal – wieder mit einer neuen Identität und einem Kleid in lieblichem Rosa. Jim startete mehrere Querchecks und identifizierte ihn. Der Hinweis ging nun über die interne Sonderermittlung der Versicherung weiter zur Polizei.

Lemonades Vorteil war eine „Fraud Detection“ – basierend auf KI-Systemen, die inzwischen erfolgreich betrügerische Vorfälle erkennen. Manuell ist es im Daten­dschungel schwer, Betrugsfälle aufzudecken. Generell kann KI mit maschinellem Lernen Daten wie Texte oder Videos spezifisch auswerten. Da Abweichungen in einem Betrugsfall meist früh auftreten, ist es möglich, noch rechtzeitig zu handeln. Betrüger können sich also warm anziehen, wenn sie es mit einer KI aufnehmen wollen.

Kolumnen, Kommentare und Gastbeiträge auf DUB-magazin.de geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion.

23.03.2021    Verena Fink
  • Drucken
Zur Startseite