Ein Mann sitzt mit seiner Katze auf dem Sofa und betreibt in der Vorweihnachtszeit Online-Shopping
17.11.2021    Miriam Rönnau
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63 Prozent der deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher würden am Black Friday zum ersten Mal ein Produkt einer Marke kaufen, wenn dieses günstiger ist als ein vergleichbares Produkt einer ihnen bereits bekannten Marke. Das zeigt eine Verbraucherstudie von Outbrain, einer Empfehlungsplattform für das Open Web.

Dafür hat das Unternehmen mehr als 8.000 Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland und sieben weiteren Ländler zu ihrem Einkaufsverhalten in der Vorweihnachtszeit befragt. Liesbeth Mack-de Boer, Managing Director Zentraleuropa bei Outbrain, erklärt, welche Rückschlüsse Händler aus den Ergebnissen ziehen können, um sich im Online-Marketing clever aufzustellen.

Zur Person

Porträt von Liesbeth Mack-de Boer

Liesbeth Mack-de Boer

ist Managing Director Zentraleuropa bei Outbrain, einer Empfehlungsplattformen für das Open Web. Zu ihren Verantwortlichkeiten gehört neben dem Vorantreiben des weiteren Wachstums im zentraleuropäischen Raum auch die Leitung der Teams in München und Köln

Ihrer Studie zufolge würden 63 Prozent der deutschen Befragten am Black Friday erstmals zum Produkt einer ihnen bis dahin unbekannten Marke greifen, wenn dieses günstiger als vergleichbare Produkte wäre. Europaweit liegt dieser Wert bei 56 Prozent. Was sagt das über deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher aus?

Liesbeth Mack-de Boer: Auf den ersten Blick scheint es, als ob das alte Vorurteil einer „Geiz ist geil“-Mentalität für die deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher zutreffen würde. Und gänzlich abstreiten lässt sich dieser Punkt nicht. Die Daten lassen aber den Rückschluss zu, dass der Preis vielleicht das wichtigste, aber nicht das alles entscheidende Kriterium ist. Schließlich ist auch der Bedarf an Produktinformationen hierzulande deutlich höher als in anderen Regionen. Die Deutschen möchten sich also gut informieren und dann beim besten Angebot zuschlagen, sind dabei aber offener für neue Marken – wenn der Preis stimmt.

Welche Schlussfolgerungen sollten etablierte sowie neue Marken aus dieser Erkenntnis ziehen?

Mack-de Boer: Die Ergebnisse der Studie lassen den Rückschluss zu, dass auch etablierte Marken den Preiskampf an den großen Shopping-Tagen weiterhin mitgehen müssen, um keine Marktanteile zu verlieren. In den vergangenen Jahren haben wir in fast allen Online-Shops der großen Marken besondere Black-Friday- und Cyber-Monday-Angebote gesehen. Ein Ende dieses Preiskampfs scheint sehr unwahrscheinlich. Neue Marken müssen ebenfalls auf verlockende Angebote setzen, allerdings auch den Informationsbedarf der Konsumentinnen und Konsumenten bedenken. Aus Marketing-Sicht macht es Sinn, einige Wochen vorab mit Awareness-Kampagnen zu starten. Denn da sind die Werbepreise günstiger als in der „Black Week“ und aufstrebende Marken gelangen so in das Bewusstsein potenzieller Käuferinnen und Käufer. Nutzerinnen und Nutzer, die in dieser Awareness-Phase den Webshop besucht haben, sollten dann an den entscheidenden Tagen mithilfe von Retargeting mit besonderen Angeboten angesprochen werden. Dies haben in der Vergangenheit viele unserer E-Commerce-Kunden sehr erfolgreich gemacht.

Ihre Studie zeigt auch: 53 Prozent der deutschen Konsumentinnen und Konsumenten bereiten sich gewissenhaft auf das Black-Friday-Wochenende vor und erstellen Einkaufslisten. Was sagt das über das Konsumverhalten der Deutschen aus? Ist der Black Friday inzwischen wirklich so relevant für viele Bundesbürger wie es scheint?

Mack-de Boer: Innerhalb weniger Jahre und unterstützt mit erheblichen Marketing-Budgets hat sich das Wochenende um den Black Friday zum bedeutendsten Shopping-Event in Deutschland entwickelt. Und tatsächlich haben viele Webshops ja schon die „Black Week“ ausgerufen, um sich einen Vorsprung zu verschaffen. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher stellen Investitionen zurück und warten auf die passenden Angebote in dieser Woche. Wir sehen auch in unserem Netzwerk einen extremen Anstieg der Aktivitäten in der Woche und speziell am Wochenende. Danach sind vor allem die ersten beiden Wochenenden im Dezember noch relevante Shopping-Events in der Weihnachtssaison. Aber die Aktivitäten kommen dann nicht mehr an das Black-Friday-Wochenende heran.

In Ihrer Studie vermuten Sie, dass bei Konsumentinnen und Konsumenten hierzulande das Online-Shopping zur dauerhaften Gewohnheit geworden ist. In anderen Regionen ist das anders. Haben Sie eine Erklärung dafür, dass Deutsche den Online-Einkauf präferieren?

Mack-de Boer: Wir waren selbst etwas überrascht über diese Ergebnisse und können nur mutmaßen, warum die Verbraucherinnen und Verbraucher den reinen Online-Kauf hierzulande stärker bevorzugen als in anderen Regionen. Wahrscheinlich spielt hier auch die Pandemie und ein gesteigertes Sicherheitsempfinden eine Rolle. Gerade in diesem Jahr werden viele die Menschenmassen in den Innenstädten zum Weihnachtsshopping vermeiden wollen. Darüber hinaus spielen die positiven Online-Shopping-Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr eine wichtige Rolle. Es ist ja überaus bequem, die Waren zu sich kommen zu lassen – und der Kundenservice wird bei vielen Online-Shops großgeschrieben.

Was spielt für die Bundesbürger eine größere Rolle: der Preis von Produkten oder Nachhaltigkeit?

Mack-de Boer: Die Studie stellte diese Entweder-oder-Frage leider nicht. Aber die hohe Gewichtung von Nachhaltigkeit bei der Kaufentscheidung lässt den Schluss zu, dass Marken, die auf Umweltschutz setzen, damit einen Vorteil bei Kundinnen und Kunden erzielen können. In ihrer Kommunikation sollten Unternehmen daher auf ihre Initiativen für Nachhaltigkeit offensiv eingehen.

Welche Tipps geben Sie Händlern mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft?

Mack-de Boer: Aufgrund der Bedeutung des Online-Shoppings in Deutschland muss vor allem die digitale Marketing-Strategie gut durchdacht sein. Händler und Marken sollten früh anfangen, um Aufmerksamkeit zu erregen, genug Informationen zur Verfügung stellen und gerade in der „Black Week“ ihre Angebote offensiv bewerben. Flexibilität ist an den entscheidenden Tagen ebenfalls wichtig. Wenn ein Kanal zur Kundenansprache besser funktioniert als ein anderer, sollten Budgets entsprechend umgeschichtet werden. Denn der Konkurrenzkampf ist aufgrund der Bedeutung dieses Shopping-Events sehr hoch.

17.11.2021    Miriam Rönnau
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