Eine Frau trägt einen überdimensionalen Daumen, der als Symbol für einen „Like“ auf Online-Plattformen steht, auf einen Computer-Bildschirm zu. Dort sind unter der Überschrift „Review“ zwei Beiträge von Menschen zu sehen, die jeweils einen Text und eine Sterne-Bewertung beinhalten.
14.05.2021    Mark Simon Wolf
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In Kürze:

  • Mit eigenen Online-Kanälen und interaktiven Dialogangebote können Unternehmen ausufernder Kritik oder Shitstorms im virtuellen Raum vorbeugen. 
  • Das Fundament der Kommunikation sollte für Unternehmen in der Glaubwürdigkeit, Offenheit und Aufrichtigkeit liegen.
  • Dennoch gilt es, Kritik aushalten zu lernen. Juristische Maßnahmen sind das letzte Mittel, um die digitale Reputation wiederherzustellen. 
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Am DUP Digital Business Talk nahmen teil:

  • Andreas Bartels, Senior Vice President und Head of Corporate Communications, Lufthansa Group
  • Florian Martens, Leiter Global Media Relations und Executive Communications, Siemens
  • Professor Stefan Engels, Partner, DLA PIPER

Moderation: Thomas Eilrich, Chefredakteur DUP UNTERNEHMER

Die Reputation eines Unternehmens ist ein wesentlicher Faktor für den Kundenerfolg. Das galt bereits in der analogen Welt, sagt Florian Martens, Leiter Global Media Relations und Executive Communications bei Siemens im DUP Digital Business Talk. Im Zeitalter des Internets habe sich aber nicht nur die Geschwindigkeit der Kommunikation um ein Vielfaches gesteigert. Sondern auch die Reichweite der Unternehmen hat sich vergrößert. „Online besteht die große Chance, aktiv und direkt mit den Stakeholdern zu kommunizieren. Das hilft dabei, die eigene digitale Reputation schneller auszubauen, aber auch sie zu schützen und sich gegen Fake News zu wappnen.“

Besonders die letzteren beiden Aspekte seien wichtig, weiß der Medienrechts-Experte Professor Stefan Engels. In seinem Alltag berät er bei der international tätigen Kanzlei DLA PIPER Unternehmen bei verbreiteten Unwahrheiten oder Beleidigungen aller Art. Wichtig sei an dieser Stelle die „ausgeprägte Dialogfähigkeit der Unternehmen“, ergänzt Andreas Bartels, Senior Vice President und Head of Corporate Communications bei der Lufthansa.

Juristische Schritte als letztes Mittel

Ob analog oder digital, Fundament der Kommunikation müsse Glaubwürdigkeit sein. Und dennoch, da sind sich die Teilnehmer im Talk einig, gelinge es selten, Herr über die Meinungskraft von Online-Netzwerken zu werden.

Die Fluggesellschaft Lufthansa, die unter normalen Umständen rund 120 Millionen Menschen im Jahr transportiert, betreibt beispielsweise mit einem externen Dienstleister ein aufwendiges Medienmonitoring, um jegliche Online-Kanäle auf potenzielle Trendthemen oder auch aufkommende Kritikwellen zu durchleuchten. Dennoch stoße man laut Bartels auch an Grenzen: „Unsere Online-Kanäle sind nicht machtvoll genug, um derart viele Meinungen zu beeinflussen.“

Das bestätigt auch Martens. Er berichtet, dass Siemens neben dem passiven Monitoring das eigene Content-Portal aktiv zur Interaktion mit der Öffentlichkeit nutzt. „Sie werden nie alle überzeugen können. Wenn man sich denen, die tatsächlich in den Dialog treten wollen, aber annimmt, kann man Kritik aber gut abfedern.“ Und wenn auch das nicht gelingt?

Kritik aushalten lernen

Ganz grundsätzlich müssten Unternehmen Kritik aushalten können, weiß Engels aus seiner Praxis zu berichten. Der Medienrechts-Experte kennt aber auch jene Fälle, in denen die digitale Reputation von Unternehmen sowie deren Beschäftigten durch beleidigende oder unwahre Behauptungen im Internet angegriffen werde: „Mein Job ist in den vergangenen Jahren sicher vielfältiger geworden, da online mehr Faktoren zu beachten sind. Wenn man Menschen abmahnt, sind die Reaktionen darauf wiederum unmittelbar online zu lesen. Daher sollten juristische Schritte das letzte Mittel sein und erst dann zur Anwendung kommen, wenn jemand dem Unternehmen bewusst schaden möchte“, rät der Rechtsexperte.

Moderne Fehlerkultur leben

Den Unternehmen empfiehlt Engels authentisch, transparent und wahrheitsgemäß zu kommunizieren: „Mitarbeitende sollten beispielsweise online nicht anonym oder verdeckt für das Unternehmen sprechen, sondern ihre Zugehörigkeit und die Haltung des Arbeitgebers offen darlegen.“ Andernfalls diskreditiere eine verteidigende Stellungnahme die Glaubwürdigkeit nachhaltig und erschwere später auch die rechtliche Aufarbeitung. Grenzen ziehen auf der einen Seite, Haltung zeigen und eine moderne Fehlerkultur leben auf der anderen. Diesen Balanceakt müssten Unternehmen heutzutage umsetzen können.

Aufrichtiger Dialog wichtig

Dass besonders in Diskussionen zu Reizthemen wie zum Beispiel Ticketpreisrückerstattungen, verpassten Flügen oder gar Klimaschutz immer auch eine „gewisse Schärfe“ mitschwinge, sei online auch der Anonymität im Netz geschuldet, so Bartels. Engels glaubt zudem, dass die Anspannung der Pandemie- und Lockdownzeit hier ein Ventil findet. Und doch beobachtet Bartels keine grundsätzlich schwerer zu managende Debatte.

Wichtig sei es, dass sich Unternehmen zwar mithilfe von Technik, aber eben nicht nur mittels technischer Unterstützung wie Chatbots an die Menschen wenden. Trotz der Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz in der Datenauswertung und effizienter Automatisierung komplexer Prozesse seien menschliche Einschätzung und Empathie unverzichtbar. Schließlich ginge es immer um Haltung, Offenheit und Dialog. Bartels Credo: „Wenn man aufrichtig in eine Kommunikationssituation geht, hat man in Sachen Reputation schon viel erreicht.“

14.05.2021    Mark Simon Wolf
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