eine Illustration eines Schachspiels als Symbolbild für Reorganisation im Unternehmen
14.03.2023
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Oft initiieren Unternehmen erst eine Reorganisation, wenn offensichtlich ist, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Doch eine Umstrukturierung aus der Not heraus ist alles andere als ideal. Denn zu diesem Zeitpunkt blicken viele Unternehmen meist auf eine nicht unerhebliche Firmengeschichte zurück, in der sich Prozesse entwickelt haben und Strukturen gewachsen sind, die für viele innerhalb der Organisation zur Gewohnheit und vielleicht auch bequem geworden sind.

Der Königsweg des Wandels hingegen ist die proaktive Reorganisation, deren Nutzen von Anfang an deutlich wird. Die folgenden sieben Tipps helfen Unternehmen dabei, den Wandel zu meistern.

Tipp 1: Gute Vorarbeit leisten

Ein vielschichtiges Projekt wie die Neuorganisation eines Unternehmens, was tiefgreifende Veränderungen mit sich bringt, kann nur mit guter Planung gelingen. Der Gedanke, dass man unbedingt etwas ändern muss, um beispielsweise den Umsatz zu steigern oder effizienter und transparenter zu agieren, ist anfangs oft wenig konkret.

Für etwas mehr Klarheit sorgt das Beantworten einiger grundsätzlicher Fragen:

  • Was ist der Grund für die Reorganisation?
  • Welches Ziel wollen wir erreichen?
  • Was soll bleiben?
  • Welche Veränderungen müssen wir vornehmen?
  • Welche Hürden gibt es und wie lassen sie sich überwinden?

Darauf sollte eine umfassende Analyse der Ist-Situation folgen, in der Aufgaben und Kompetenzen, Prozesse und Schnittstellen abgebildet werden. Will man neue Märkte erschließen, zählen dazu auch entsprechende Marktanalysen.

Handelt es sich um eine umfangreiche Reorganisation, ist das Formulieren einer Unternehmensvision und -mission als Basis für die neue Strategie Bestandteil der vorbereitenden Phase.

Tipp 2: Eine übergeordnete Strategie gemeinsam erarbeiten

Bereits beim Übergang von der Vorbereitung zur Umsetzung des Wandels ist es wichtig, alle von der Reorganisation betroffenen Personengruppen mit ins Boot zu holen: Führungskräfte, Mitarbeitende und die wichtigsten Stakeholder wie Key Accounts oder Partnerunternehmen.

Hilfreiche Instrumente, um die jeweiligen Schmerzpunkte und Bedürfnisse zu eruieren, sind Umfragen, Interviews und Workshops mit den genannten Personengruppen. Nur dann gelingt es, eine Veränderungsstrategie zu entwickeln, die allen gerecht wird und das eigentliche Ziel nicht aus den Augen verliert.

Sobald die grobe Strategie feststeht, gilt es, Entwicklungsschritte zu definieren, genügend Feedback-Schleifen einzuplanen und Projektteams für die Umsetzung zusammenzustellen. Benötigt das Unternehmen für den Veränderungsprozess externe Hilfen oder Förderungen, dann kann ein Businessplan – ähnlich wie bei einer Neugründung – dabei helfen, diese zu erhalten.

Tipp 3: Planung und Umsetzung flexibel gestalten

Heute ändern sich Marktbedingungen mitunter rasend schnell. Daher bedeutet gute Planung auch, agil zu bleiben. Die Planung sowie die Umsetzung der Strategie sollten deshalb so flexibel gehalten sein, dass sie sich immer noch anpassen lassen.

Für Organisationen, die bereits an eine agile Arbeitsweise gewöhnt sind, verspricht die agile Reorganisation den größten Erfolg. Dabei behält man zwar die übergeordnete Strategie im Blick, doch die einzelnen Teams bestimmen weitgehend selbst ihre Ziele und in welchen Zeiträumen diese erreicht werden sollen. Der gesamte Prozess ist durch ein iteratives Vorgehen geprägt, bei dem in eher kurzen Zeiträumen von wenigen Wochen – auch Sprints genannt – zuvor definierte Änderungen umgesetzt werden. Am Ende jedes Zyklus steht ein Review, das den nächsten Entwicklungsschritt einleitet.

Dieses Vorgehen sorgt dafür, dass Unternehmen geplante Neuerungen sehr zeitnah und flexibel an aktuelle Anforderungen anpassen können. Zudem ist es motivierender, regelmäßig schnelle Erfolge zu feiern als ausschließlich auf ein Ziel hinzuarbeiten, das in weiter Ferne liegt.

Tipp 4: Den Kunden in den Mittelpunkt stellen

Dass der Kunde auch bei einer Neuausrichtung im Fokus stehen sollte, klingt selbstverständlich, ist es in der Praxis jedoch nicht immer. Hat ein Unternehmen zum Beispiel herausgefunden, dass das eigene Leistungsspektrum den Kunden gar nicht bekannt ist, sollte es nicht einfach nur den Webauftritt aktualisieren und darauf vertrauen, dass der Kunde dies dann verstehen wird.

Vielmehr kommt es darauf an, zuerst das Einkaufsverhalten und den Entscheidungsprozess des Kunden sowie seine Bedürfnisse und Vorlieben genau zu analysieren. Erst dann ist es sinnvoll, passende Lösungen zu entwickeln, die Rolle der Ansprechpartner im Vertrieb sowie in der Kundenbetreuung zu reflektieren sowie bestehende Prozesse zu überdenken, sodass der Kunde davon profitiert.

Wichtig: Die Frage nach dem Kundennutzen einer Reorganisation ist am Anfang sowie im Verlauf des Projekts von allen Beteiligten immer wieder neu zu stellen.

Tipp 5: Auf vorhandenen Stärken aufbauen

Bei Veränderungen ist es im geschäftlichen Umfeld erfolgsentscheidend, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen. Deshalb ist die Frage nach dem, was bleiben soll, auch ein wichtiger Bestandteil der Planung einer Neuorganisation.

Angenommen, ein Unternehmen möchte sich weiter zukunftsfähig im Wettbewerb positionieren. Wenn es beispielsweise bekannt für seine Serviceorientierung ist, dann kann es die guten Kundenkontakte nutzen, um wertvolle Anhaltspunkte für weitere Entwicklungsschritte zu erhalten. Liegt die besondere Stärke in der Organisation der Projektteams, so lassen sich diese Teams und deren agile Techniken gezielt dafür nutzen, die Reorganisation voranzutreiben.

Wichtig ist dabei, dass die Mitarbeitenden diese Entwicklung mittragen können und wollen. Dies führt zu zwei zentralen Empfehlungen für die Reorganisation von Unternehmen, ohne die jegliche Transformationsbemühungen auf lange Sicht zum Scheitern verurteilt sind: Involvement und Nachhaltigkeit.

Tipp 6: Mitarbeitende intensiv einbeziehen

Ein von oben initiierter Change-Prozess geht oft an den realen Anforderungen vorbei, erzeugt Widerstände und ist deshalb häufig zum Scheitern verurteilt. Dass die Einbeziehung aller Beteiligten wichtige Erkenntnisse darüber liefert, wie eine Reorganisation konkret zu gestalten ist, liegt auf der Hand. Doch die Beteiligung von Mitarbeitenden ist auch eine Form von Wertschätzung, die motivierend wirkt beziehungsweise die Bindung an das Unternehmen weiter stärken wird.

Die richtige Führung spielt bei Change-Prozessen eine große Rolle. Den meisten Erfolg verspricht es, Bottom-up mit Top-down-Elementen zu kombinieren. Eine Reorganisation kann von unten angestoßen werden, wenn sich beispielsweise Teamzusammensetzungen verändern oder Mitarbeitende in andere Abteilungen wechseln. Genauso wichtig sind aber die Impulse aus unternehmerischer Sicht, die sich unter anderem aus dem Wettbewerbsumfeld, den wirtschaftlichen Kennzahlen oder der Zukunftsvision ergeben.

Beides – Bottom-up und Top-down – hat seine Berechtigung und kann den Wandel positiv beeinflussen. Wichtig dabei: Den gesamten Change-Prozess muss eine kontinuierliche, offene und ehrliche Kommunikation im gesamten Unternehmen begleiten.

Tipp 7: Den Wandel verankern und kontinuierliche Verbesserung fördern

Ist die Neuorganisation in den groben Zügen abgeschlossen, bleibt dennoch keine Zeit für Stillstand. Strukturelle Änderungen greifen tief und erfordern neue Denk- und Arbeitsweisen, die sich fest in den Köpfen aller Führungskräfte und Mitarbeitenden verankern müssen.

Auch hier spielt die Einbeziehung von Mitarbeitenden – wie etwa im Rahmen einer Puls-Befragung zu den Neuerungen – eine große Rolle. Ebenso wichtig ist eine regelmäßige Kommunikation dazu, welche Erfolge der Wandel bereits erzielt hat und warum es sich lohnt, das Erreichte weiter zu verfolgen und sogar noch auszubauen.

Wer von der Sinnhaftigkeit neuer Vorgehensweisen überzeugt ist, wird auch bereit sein, den Wandel weiter voranzutreiben. Denn: Veränderung endet nicht – und wer dies zu verstehen weiß, dem gelingt der Wandel hin zur kontinuierlich lernenden Organisation. Reorganisation findet dann quasi permanent in kleinen Schritten statt – das ist das sogenannte Lean Change-Management.

Warum ist Reorganisation so wichtig?

Eine Reorganisation im Unternehmen bringt oft tiefgreifende Veränderungen mit sich. Damit die angestrebten Neuerungen den gewünschten Erfolg bringen, sind eine sorgfältige Analyse der Ist-Situation, die frühzeitige Beteiligung aller Betroffenen sowie eine fortlaufende, offene Kommunikation ganz besonders wichtig.

Wenn Unternehmen den Wandel zur lernenden Organisation schaffen, fällt es ihnen leichter, sich auch für künftige Herausforderungen zu wappnen. Denn kleine, regelmäßige Anpassungen an veränderte Marktbedingungen sind dann nicht mehr nur Notwendigkeit, sondern Routine. Oft lassen sich dadurch umfassende Reorganisationsprozesse, die viel Kraft und Ressourcen kosten, in Zukunft vermeiden.

Zur Person

Rita Ehses von Novatec Consulting

Rita Ehses

ist Managing Director der Novatec Consulting GmbH und leitet die Ressorts People, Culture & Organization sowie Marketing & Sales. Im Sommer 2021 hat das Unternehmen selbst eine Neuorganisation auf den Weg gebracht. Ehses war in dem Prozess eine Schlüsselfigur des Wandels

Zur Person

Dominik Meyer von Novatec Consulting

Dominik Meyer

ist Managing Director der Novatec Consulting GmbH und verantwortet die Ressorts Delivery und New Business Development. Meyer hat sich im Zuge der Neuorganisation das nachhaltige Change-Management im Unternehmen zur Aufgabe gemacht

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14.03.2023
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