Saitow AG Vordenker 2022
17.06.2022    Holger Reher
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Zur Person

Michael Saitow

Der Gründer und CEO der Saitow AG, ehemals Tyre24, ist gelernter Kfz-Elektroniker, seit dem 18. Lebensjahr selbstständig und verfügt über mehr als 25 Jahre Automotive-Erfahrung

Wie haben sich Ergebnis und Umsatz von 2019 bis 2021 entwickelt?

Michael Saitow: Ergebnis und Umsatz haben sich in den letzten drei Jahren sehr gut entwickelt. Besonders seit dem Auftreten der Corona-Pandemie gibt es einen sehr starken positiven Impuls für unser Geschäft – vor allem im Bereich der KFZ-Ersatzteile. Die Corona-Situation hat das Einkaufsverhalten nach unserem Eindruck auch im Umfeld der KFZ-Betriebe beeinflusst. Vielfach ist zu hören, dass die Corona-Pandemie wie ein Brennglas wirkt, das viele Defizite noch deutlicher aufzeigt und Veränderungsprozesse beschleunigt. Nach meiner Ansicht gilt dies auch für den automobilen Aftermarket und insgesamt das Interesse am Online-Einkauf. Auf der deutschen Plattform, unserem wichtigsten Fokusmarkt, stieg der Handelsumsatz in den letzten drei Jahren beispielsweise im Bereich KFZ-Ersatzteile um jeweils mehr als 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diese Dynamik setzt sich auch im ersten Tertial dieses Jahres fort; der Wert der gehandelten Waren steigt im Jahresvergleich weiterhin um 50 %. Insgesamt erwarten wir für dieses Jahr einen Handelsumsatz in Höhe von über einer Milliarde Euro in Deutschland.

Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Saitow: Wir versuchen, die wichtigste und günstigste B2B-Beschaffungsplattform im Automotive Aftermarket zu sein. Wir machen den Einkauf für die gewerblichen Händler effizienter, schneller und einfacher. Durch den Einsatz von unseren produktiven und innovativen Softwarelösungen, bieten wir unseren Kunden die besten Preise, die größte Produktvielfalt und den höchsten Komfort im Umgang mit unseren Produkten. Dabei stehen die bestehenden und künftigen Wünsche und Anforderungen des Kunden im Mittelpunkt.

Wie sieht Ihre Digitalisierungsstrategie aus?

Saitow: Seit Gründung des Unternehmens stellen wir die Digitalisierung in den Vordergrund. Vor 20 Jahren zählten wir zu den ersten in der Branche, die einen Onlineshop aufgebaut haben, der PHP verwendet und Sales-Prozesse digital unterstützt. Unsere Vision ist es, sämtliche Strukturen zu digitalisieren. Seit Jahren sind wir schon eine papierlose Firma. Wir setzen dabei auf standardisierte und vereinheitlichte Vorgänge, angelehnt an die Idee der Systemgastronomie. Für unsere Mitarbeiter bedeutet das, dass sie keine Angst vor disruptiven Veränderungen haben müssen. Wir benötigen Mitarbeiter, die diese digitalen Prozesse gemeinsam mit uns optimieren und skalieren, um dadurch eine effektivere Arbeitsleistung erbringen zu können. Von dieser Effizienz profitieren nicht nur unsere Mitarbeiter, sondern auch unsere Kunden, indem wir die beste Servicequalität bieten.

Was macht Ihr Unternehmen bei Kunden besonders erfolgreich?

Saitow: Eine kundenorientierte Strategie. Der Kunde ist derjenige, der das Produkt als letztes bekommt. In unserem Fall der Autofahrer. Die Marktmacht liegt im Zeitalter des eCommerce beim Kunden. Er hat nahezu die völlige Transparenz, da er die Preise, Produkte & Services jederzeit online vergleichen kann. Daraus lässt sich ein einfaches Prinzip ableiten: Beginne beim Kundenbedürfnis und arbeite rückwärts. Was uns besonders erfolgreich macht, ist die Zuverlässigkeit. Die Kunden können sich aufgrund unserer Größe mit 2.000 europäischen Anbietern darauf verlassen, dass sie auf unserer B2B-Plattform den gewünschten Artikel am schnellsten oder am günstigsten bekommen. Der Kunde kann beispielsweise einen Artikel innerhalb von 90 Minuten bekommen, oder er wartet drei Tage und spart dadurch 40 Prozent. Diese Aussagen sind für uns verbindlich und wir versuchen, mit Hilfe eines strengen Qualitätsmanagements jeden Auftrag auszuführen.

Welche Rolle spielt Service in Ihrem Business?

Saitow: Kundenservice ist gerade in Online-Unternehmen oft eine eher unpersönliche Angelegenheit. Aber nicht bei ALZURA. Bei uns gehört es zum Geschäftsmodell, sich individuell um die Belange des Kunden zu kümmern. Unsere Mitarbeiter/-innen im Support sind weitaus mehr als nur die nette, sympathische Stimme am Telefon, sie sind ein unabdingbarer Baustein des Unternehmenserfolges – denn Kundenzentrierung und -zufriedenheit stehen zu jeder Zeit im Vordergrund. Kundenzentrierung bedeutet, die Bereitschaft des gesamten Unternehmens, Kundenreaktionen zu Entscheidungsgrundlagen zu machen.

Unser Support-Team gehört zu denjenigen, die tagtäglich in Kontakt mit unseren Kunden stehen, aktiv Kundenbeziehungen pflegen und die Bedürfnisse der Händler und Lieferanten wahrnehmen. Für die neun europäischen Länder, in denen ALZURA Tyre24 tätig ist, stehen Muttersprachler zur Verfügung, die nicht nur die Sprache, sondern auch die Kultur des jeweiligen Landes kennen. Sie sind seit Jahren ein eingespieltes Team, beraten Partner, die wachsen bzw. mehr Umsatz generieren wollen, lösen Anliegen sofort oder in Abstimmung mit internen Fachabteilungen und holen wichtiges Kundenfeedback ein, um interne Prozesse und Produkte stetig weiterentwickeln zu können. Als direkter Ansprechpartner der Produktvielfalt von ALZURA sind sie wie der strategische Partner an der Seite unserer 40.000 Kunden.

Was tun Sie, um den Service zu verbessern?

Saitow: Bei uns müssen nicht nur alle Prozesse festgelegten Qualitätsnormen entsprechen, sondern darüber hinaus wird die Kundenzufriedenheit mit Hilfe eines fest in die Unternehmensabläufe integrierten Verbesserungsprozesses stetig erhöht. Ziel ist es, eine gleichbleibend hohe Qualität der Produkte, Prozesse und Dienstleistungen sicherzustellen. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die permanente Umsetzung eines wirksamen und wirtschaftlichen Qualitätsmanagementsystems. Die erfolgreiche Umsetzung und kontinuierliche Verbesserung unserer Unternehmens- und Qualitätsziele messen wir anhand definierter Prozesskennzahlen. Diese werden entsprechend der ständigen Veränderungen im Unternehmen angepasst und weiterentwickelt. So kann gewährleistet werden, dass die Qualität aller unserer Produkte, Prozesse und Dienstleistungen den hohen Ansprüchen unserer Kunden gerecht wird.

Nennen Sie ein Beispiel wie Ihr Unternehmen Service lebt?

Saitow: Die Zufriedenheit unserer Kunden steht immer im Vordergrund. Der Kunde sorgt am Ende dafür, dass wir als Unternehmen Geld verdienen. Daher sollten Kunden spätestens zwei Stunden innerhalb der Servicezeiten eine Rückmeldung erhalten. Anliegen müssen schnellstmöglich, aber spätestens innerhalb von 24 Stunden bearbeitet werden. Dauert die Bearbeitung eines Falles länger als 24 Stunden, muss dieser an den Teamkoordinator eskaliert werden. Fälle, die häufiger als dreimal pro Monat auftreten, müssen ebenfalls an den Teamkoordinator weitergeleitetwerden. Eskalierte Fälle werden über den Themenspeicher mit dem Vorstand besprochen und in Einzelfällen entschieden, bis eine standardisierte Lösung für die jeweiligen Fälle vorliegt.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung beim Service?

Saitow: Sie spielt eine sehr große Rolle. Wie schon erwähnt, setzen wir auf standardisierte und vereinheitlichte Vorgänge, angelehnt an die Idee der Systemgastronomie. Das betrifft auch den Service. Im Online- sowie im Offline-Geschäft sollte der Kunde im Mittelpunkt stehen. Es kommt darauf an, den Kunden genau zu kennen und sich in seine Erlebniswelt zu integrieren. Als B2B-Anbieter erhalten wir durch die Nutzung der Plattform Einsichten in die Kaufgewohnheiten ihrer Abnehmer: Welche Marken kauft er? Wie oft kauft er diese? Wie sieht der klassische Warenkorb aus? Datenbasierte Antworten aus diesen vertriebsrelevanten Fragestellungen verschaffen neben der Erleichterung der eigenen Verkaufsplanung auch Vorhersagemodelle zu künftigem Kundenverhalten. Das Wissen um Produktpräferenzen führt zur Möglichkeit, gezielt auf den Kunden zugeschnittene Angebote zu gestalten, die er auch wirklich benötigt.

Was tun Sie, um eine Service-Kultur zu etablieren/zu verbessern?

Saitow: Ein wichtiger Bestandteil unserer Unternehmenswerte ist die Verantwortung gegenüber dem Kunden. Kundenzufriedenheit hat höchste Priorität. Wir behandeln unsere Kunden so, wie wir selbst gerne behandelt werden möchten. Als Plattform sehen wir uns wie ein Shoppingcenter. Den einzelnen Shops geben wir grundsätzliche Punkte wie Servicequalität oder telefonische Erreichbarkeit vor. Es gibt bei uns auch keinen Ansprechpartner für alles, sondern für Rückfragen, etwa zu technischen Details oder zur Lieferung, stellen wir den direkten Kontakt zum Lieferanten her. Wir lassen aber bei Problemen niemanden im Regen stehen. Dank unserer Größe können wir bei Problemen immer entscheidend eingreifen. Die Lieferanten haben diese meist im Kundensinne getroffenen Entscheidungen zu akzeptieren. Letztendlich ist es die Qualität in der Abwicklung, die die Kunden bei der Stange hält.

Was ist die größte Stärke der Company?

Saitow: Unsere größte Stärke ist ein Gesamtpaket aus Qualität, die wir kontinuierlich verbessern und optimieren, attraktiven Preisen und hoher Verfügbarkeit. Dazu unsere Zuverlässigkeit, dass wir das schnellste oder günstigste Angebot garantieren. Ansonsten bieten wir unseren Kunden nicht nur eine Plattform, sondern auch verkaufsunterstützende Maßnahmen wie zum Beispiel eine auf die Branche zugeschnittene eCommerce-Lösung, die Website mit Onlineshop kombiniert, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern und online neue Kunden auf einfache Weise zu gewinnen und zu binden. Darüber hinaus bieten wir unseren Kunden eine kostenlose Listung auf unseren Automotive B2C-Portalen an, um Endkunden online zu beraten und Leads zu generieren. Wir haben dieses Jahr auch eine eigene Payment-Gesellschaft mit BaFin-Zulassung gegründet, um Zahlungsvorgänge künftig digital und zentral über uns abzuwickeln und den Prozess weiter zu vereinfachen.

Was ist Ihr größtes Learning aus der Corona-Krise für Ihr Unternehmen?

Saitow: Für uns als auf eCommerce fokussiertes, IT-lastiges Unternehmen fiel der Übergang in die neue Arbeitswelt recht leicht, ist aber trotzdem kein Selbstläufer, sondern bringt auch zahlreiche Herausforderungen mit sich. Wirklich erfolgreich können diese Modelle jedoch nur dann werden, wenn sich Unternehmen bewusst machen, dass es keine Veränderung ohne Aufwand gibt. Auch wir werden weiter investieren müssen, um das Modell des mobilen Arbeitens langfristig tragfähig zu machen. Die neue Arbeitswirklichkeit und eine remotefähige Unternehmenskultur lassen sich nicht über Nacht als Update einspielen. Selbst als digital versiertes und für Remote-Arbeit schon vor Corona offenes Unternehmen stellen wir fest, dass die technologische Umstellung auf Kollaborations-Tools, VPN-Verbindungen und regelmäßige Video-Meetings nur die ersten Schritte waren. Die tatsächliche, langfristig beständige Verbindung zwischen Teams und einzelnen Mitarbeitern erfordert aktives Bemühen und neue Prozesse. Alle müssen an einem Strang ziehen und Vertrauen und Disziplin sind die Basis für ein erfolgreiches Gelingen.

Was sehen Sie die Zukunft der Arbeit? Gibt es eine Maßnahme, die Sie mit Stolz erfüllt?

Saitow: Wir haben umgedacht und eine Neugestaltung traditioneller Modelle zugunsten offener, effizienter und digitaler Arbeitsplätze für unsere Mitarbeiter initiiert. Mit einem Konzept des mobilen Arbeitens können die Mitarbeiter selbst entscheiden, ob sie remote oder im Büro arbeiten wollen. Eine gesunde Work-Life-Balance steht bei unserem Modell im Mittelpunkt. Durch hohe Flexibilität soll ein stressfreieres Arbeiten ermöglicht sowie die Zufriedenheit im Job erhöht werden. Zusätzlich werden durch Remote Work die Wegzeiten minimiert, sodass mehr Freizeit bleibt. Auch entfällt an Homeoffice-Tagen der Stressfaktor der Anfahrt – denn vor allem überfüllte Straßen sorgen schon vor Arbeitsbeginn für Hektik. Eine gesunde Work-Life-Balance kommt nicht nur meinen Mitarbeitern zugute, sondern ist auch ein zentraler Erfolgsfaktor für unser Unternehmen. Denn wer in seinem Job zufrieden und ausgeglichen ist, ist auch produktiver. Für die Arbeit im Büro hat das eCommerce-Unternehmen Flex-Offices an den Standorten in Kaiserslautern, München und Berlin eingerichtet. In ausgewählten Räumen gibt es keine festen Sitzplätze mehr, sondern diese sind jeden Tag frei wählbar. Es gibt Räumlichkeiten für konzentriertes und kreatives Arbeiten und Räume, die kooperatives Arbeiten ermöglichen, in denen auch Mitarbeiter sitzen können, die oft telefonieren. Zudem wurden weitere nützliche Räume wie Entspannungs- und Spielzonen mit Playstation, Billard, Tischkicker und vielem mehr sowie Ruheräume eingerichtet. Auch gibt es spezielle Eltern-Kind-Büros.

17.06.2022    Holger Reher
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