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09.03.2021    Miriam Rönnau
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Zur Person

Porträt Matthias Höfer

Matthias Höfer

ist Geschäftsführer der CLEVIS GmbH. Seit mehr als 10 Jahren berät er Unternehmen bei Fragen der Digitalisierung von HR, der HR-Strategie und Transformation

Was hat sich in Coronazeiten im Recruiting verändert?

Matthias Höfer: Viele Unternehmen setzen im Bewerbermanagement bereits auf digitale Prozesse. Bedingt durch die Kontaktbeschränkungen und die Arbeit im Homeoffice erfährt nun auch das digitale Recruiting Aufwind. Immer mehr Unternehmen führen Bewerbungsgespräche online durch. Zudem verbringen die Menschen viel Zeit in den sozialen Medien. LinkedIn und Co. werden somit für das Employer Branding und Recruiting relevanter. Insgesamt geht es darum, Recruitingprozesse weiter zu beschleunigen und für Kandidaten zu vereinfachen. Im Kontext Social Media könnte man etwa One-Click-Bewerbungsoptionen anbieten. Das erleichtert Bewerbern den Zugang zu potenziellen Arbeitgebern und reduziert den Aufwand im Bewerbungsprozess. Das Ziel: die Prozesse in einer Personalabteilung vollständig digitalisieren. Dazu gehören auch Online-Assessments oder das digitale Onboarding neuer Mitarbeiter.

Haben Sie Tipps, worauf Personaler beim digitalen Bewerbungsgespräch achten sollten?

Höfer: Viele Bewerber betreten mit einem Online-Interview Neuland. Sie sind unsicher. Daher ist es eine wichtige Aufgabe des Recruiters, Bewerbern Sicherheit zu vermitteln und für eine angenehme Gesprächsatmosphäre zu sorgen. Schließlich geht es um ein Kennenlernen und nicht um Abschreckung. Entscheidend für den Verlauf eines digitalen Bewerbungsgespräches ist eine funktionsfähige Technik. Ist die Internetverbindung stabil? Sind Mikrofon und Kamera eingeschaltet und mögliche Störfaktoren – Handy, E-Mail-Benachrichtigungen, Geräuschquellen – ausgeschaltet? Doch auch die Performance muss stimmen. Personaler sollten sich optimal in Szene setzen, denn jedes Online-Gespräch kann eine Unternehmensmarke stärken, sie im schlechtesten Falle aber auch schwächen. Ist das Gesicht optimal ausgeleuchtet und gut zu erkennen? Stimmt die Tonqualität und spricht der Recruiter klar und deutlich? Passen Bildhintergrund und Kleidungsstil zum Unternehmen? Aber auch die Gesprächsführung muss passen. Während sich die Art der Darstellung des Unternehmens und der Gesprächsverlauf nur wenig von einem persönlichen Gespräch unterscheiden, ist der Start des Online-Interviews nicht immer leicht. In der Smalltalk-Phase sollte der Personaler darauf achten, alle Gesprächsteilnehmer mit Namen und Funktion vorzustellen. Wichtig ist es auch, Bewerber über den weiteren Verlauf des Gesprächs aufzuklären. Sie sollten eine gut erkennbar strukturierte Gesprächsführung nachvollziehen können und wissen, was wann warum besprochen wird.

Wie sollten Unternehmen Bewerber im Blick behalten?

Höfer: Recruiter sollten offen für neue Recruiting-Instrumente sein. Sie müssen heute eine Vielzahl von Methoden beherrschen, um erfolgreich Bewerber generieren und rekrutieren zu können. Mit der zunehmenden Digitalisierung erweitert sich der HR-Werkzeugkasten um viele neue Instrumente. Wann immer möglich, gilt es die Reichweite der Stellenangebote zu steigern. Etwa durch Referralprogramme, in denen Mitarbeiter neue Mitarbeiter werben, oder durch Active Sourcing. Zudem sind Kampagnen und eine Arbeitgeberpräsenz in sozialen Netzwerken unverzichtbar, um potenzielle Bewerber zu erreichen. Aber auch Big Data spielt eine zunehmend wichtige Rolle im War for Talents. Dank intelligenter Datenanalyse und selbstlernender Algorithmen ist es möglich, verfügbare Daten miteinander zu verknüpfen, abzugleichen und daraus Schlussfolgerungen für die Personalbeschaffung zu ziehen.

Welche Kanäle sollte eine erfolgreiche HR unbedingt nutzen?

Höfer: Bewerber informieren sich besonders in Zeiten der Pandemie vermehrt online. Daher sollte jedes Unternehmen Wert auf eine ansprechende Karriereseite legen. Ebenso wächst die Bedeutung von Bewertungsportalen wie kununu. Die dort eingestellten Profile sollten informativ und attraktiv sein. Aber auch die Bedeutung der sozialen Netzwerke nimmt für das Recruiting zu. Während der Erstkontakt zu Führungskräften und Professionals inzwischen häufig über Facebook, LinkedIn oder Xing erfolgt, erreicht man junge Talente vor allem über Instagram und TikTok. Diese Plattformen spielen auch für das Employer Branding eine wichtige Rolle. Dabei sollte man bewährte Recruiting-Instrumente nicht vernachlässigen. Immer noch bieten Stellenanzeigen, wie etwa optimierte Stellenanzeigen für Google for Jobs, oder Active Sourcing ein enormes Potenzial für die Besetzung von Führungspositionen. Aber auch der Talent Pool oder die Bindung von Praktikanten sind bei der Suche nach dem passenden Kandidaten sehr wertvoll.

Hat sich der War for Talents durch die Coronakrise verändert?

Höfer: Die Pandemie hat für viel Verunsicherung auf dem Arbeitsmarkt gesorgt. Nur wenige wagen den Schritt und bewerben sich derzeit aus einer sicheren Anstellung heraus. Selten war die wirtschaftliche Stabilität eines Unternehmens für einen Arbeitnehmer so wichtig. Selbst wer bereit für den Jobwechsel ist, wartet erst einmal ab. Einstellungsstopps verstärken darüber hinaus die sinkende Wechselbereitschaft möglicher Kandidaten. Auf der anderen Seite werden weiterhin Fachkräfte gesucht. Das Recruiting hat gezeigt: Es muss agil sein, um sich schnell an neue Situationen flexibel anpassen zu können.

Die Mitarbeitergewinnung ist das eine, die Mitarbeiterbindung das andere. Im Zuge von Kurzarbeit, Liquiditätsengpassen, der Umstellung auf Homeoffice und der neuen Art und Weise, wie Teams jetzt nur noch digital zusammenkommen, haben einige Arbeitgeber sicher Verstimmungen in der Belegschaft verursacht. Was können Führungskräfte tun, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 2021 zufrieden zu stimmen?

Höfer: Eine transparente und regelmäßige Kommunikation ist das A und O für die Mitarbeiterbindung. Sie muss gerade in Zeiten von Homeoffice dauerhaft aufrecht erhalten werden. Aber auch bei Kurzarbeit darf der Kontakt zu den Mitarbeitern nicht abreißen. Eine offene und ehrliche Kommunikation zur wirtschaftlichen Lage macht es ebenfalls beiden Seiten einfacher. Gerade auf die Frage „Wie geht es weiter?“ sollte man eine möglichst transparente Antwort geben. Auch wenn Vieles unklar bleibt, ist es wichtig, mögliche Szenarien durchsprechen, die Wege und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen und Perspektiven geben. Um den beruflichen Kontakt und Austausch zu fördern, bieten sich digitale Formate an wie tägliche oder wöchentliche virtuelle Teammeetings oder Telefonkonferenzen. Darüber hinaus lässt sich der Teamspirit durch digitale Afterworks, Lunches oder auch „Fitness-Trainings“ fördern. So oder so – Führung ist jetzt unverzichtbar.

Was sind die drei größten Vorteile einer HR-Software für Unternehmen?

Höfer: Effizienz, Effektivität und Transparenz. Administrative Anteile im Recruiting oder dem Management der Weiterbildung können effizienter organisiert werde. Potentiale wie digitales Lernen, die Verbesserung der Reichweite können überhaupt erst durch HR-Software gehoben werden.

09.03.2021    Miriam Rönnau
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