ein Mann geht auf einen leeren Chefsessel zu; Symbolbild zum Thema Karriere machen
21.03.2023    Madeline Sieland
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So ganz ist das Thema „Great Resignation“ in Deutschland offenbar noch nicht vom Tisch: 54 Prozent der Arbeitnehmenden hierzulande würden einen Jobwechsel innerhalb von zwölf Monaten in Betracht ziehen, wenn ihr aktueller Arbeitgeber Möglichkeiten zur Förderung der Karriereentwicklung einschränkt oder gar nicht anbietet. Das zeigt eine Umfrage von Docebo, einem Anbieter von KI-gestützten Lernmanagementsystemen.

Learning und Development zu fördern lohnt sich

Das Umfrageergebnis legt vor allem einen Schluss nahe: Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage sollten Investitionen in die Weiterentwicklung von Mitarbeitenden weiterhin einen besonders hohen Stellenwert haben. Und das nicht zuletzt, um die Folgen des Fachkräftemangels abzufedern.

„Fakt ist: Aktuell sind Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten für Mitarbeiter von essenzieller Bedeutung. Nur dadurch wird es Unternehmen möglich sein, Mitarbeiter zu halten und neue Fachkräfte zu gewinnen“, sagt Alexander von Keller, Regional Sales Director DACH bei Docebo.

Und weiter: „Anstatt Learning- und Development-Budgets zu kürzen und Kündigungen zu riskieren, müssen Unternehmensleiter die eindeutige Kapitalrendite berücksichtigen, die Weiterbildungs- und Schulungsprogramme bieten können“, so von Keller. „Ganz gleich, ob es darum geht, die besten neuen Mitarbeiter zu gewinnen, die Fähigkeiten von Managern zu verbessern, die Arbeitsplatzkultur durch die Förderung des kontinuierlichen Lernens zu verbessern oder jeden Einzelnen so zu entwickeln, dass er seine Karriereziele erreicht: Learning und Development hat einen spürbaren Einfluss auf die Bindungsrate von Mitarbeitern und damit auf das Ergebnis von Unternehmen.“

Wenige Entwicklungsmöglichkeiten, wenig Motivation

Dass mangelnde Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten der Motivation schaden, zeigt auch eine Studie des Capgemini Research Institute.

Zwar glauben 80 Prozent der Führungskräfte, ihre Angestellten seien mit ihrer Arbeit zufrieden. Tatsächlich ist dies allerdings nur bei 28 Prozent der Fall. Auswirkungen auf die Mitarbeiterzufriedenheit haben vor allem

  • das Verhalten von Vorgesetzten,
  • das Verhältnis zur Führungskraft,
  • die Vergütung,
  • die Wertschätzung, die Angestellten entgegengebracht wird,
  • Schwierigkeiten bei der Nutzung und Verfügbarkeit von Daten und Technologien sowie
  • Möglichkeiten zur Karriere- und Kompetenzentwicklung.

Die Capgemini-Studie zeigt, dass die Weiterentwicklung der Fähigkeiten bei Mitarbeitenden besonders hoch im Kurs steht: Für 65 Prozent der Befragten ist dies der wichtigste Aspekt bei ihrer Arbeit. Allerdings gaben nur 28 Prozent an, dass ihr Job ihnen überhaupt die Möglichkeit bietet, neue Fähigkeiten zu erlernen und zu entwickeln. Diese Lücke muss geschlossen werden – etwa durch effiziente Personalentwicklung.

Personalentwicklung ist Chefsache

„In mehr als der Hälfte der Unternehmen wird die Personalentwicklung mittlerweile von der Führungsebene gesteuert. Dies zeigt einmal mehr, dass die Förderung von Mitarbeitenden ein strategisches Instrument der Geschäftsführung ist, das die Prozesse einer Organisation verbessert“, sagt Kajetan von Armansperg, Co-Gründer von Leapsome, einer Personalentwicklungs-Plattform.

Leapsome hat kürzlich den „State of People Enablement Report 2023“ veröffentlicht. Ein Ergebnis der Studie: Alle Personalverantwortlichen aus Unternehmen mit niedriger Fluktuationsrate gaben an, dass ihr C-Level einen Mehrwert in der Befähigung der Mitarbeitenden sieht. Und das passt zu dem, was sich Angestellte wünschen. Denn als wichtigste Faktoren für Engagement und Motivation nannten sie

  • Möglichkeiten zur Übernahme von Verantwortung und der professionellen Weiterentwicklung sowie
  • transparente Prozesse im Rahmen der Leistungsbeurteilung.

Und was passiert, wenn das fehlt? Dann verlassen die Mitarbeitenden das Unternehmen. Laut „State of People Enablement Report“ planen vier von fünf Beschäftigten diesen Schritt innerhalb eines Jahres.

„Für viele Verantwortliche wird die hohe Unzufriedenheit von Mitarbeitenden und ihr Vorhaben, den Arbeitsplatz zu wechseln, ein besorgniserregendes Zeichen sein. Mit dem Wirtschaftsabschwung stehen Führungskräfte vor neuen Herausforderungen. Sie müssen den Fokus auf Produktivität, Performance und Resilienz legen, ohne dabei die Förderung ihrer Mitarbeitenden zu vernachlässigen“, sagt von Armansperg. „Software kann diesen Prozess unterstützen. Aber um ihr volles Potenzial auszuschöpfen, muss sie in eine starke Kultur eingebettet werden. Unternehmen bleiben nur dann widerstands- und konkurrenzfähig, wenn sie ihre Mitarbeitenden wertschätzen.“

Zeit für Weiterbildung fehlt

Ein Zeichen der Wertschätzung für die Mitarbeitenden kann auch einfach ein bisschen Zeit und Freiraum zum Lernen sein. Denn die Hälfte der Deutschen möchte sich zwar gerne mehr weiterbilden, hat dazu aber entweder nicht genügend Geld oder zu wenig Zeit. Das sagten die Teilnehmenden an der „XING Learning- und Skills-Studie“.

Entsprechend gering ist die wöchentliche Bildungszeit: Nur die Hälfte der Befragten befasst sich mindestens 30 Minuten pro Woche mit Neuem. Was auffällt: Je höher das Karrierelevel, desto mehr Zeit wird in die Weiterbildung investiert. So nehmen sich 36 Prozent der Befragten mit Führungsverantwortung wöchentlich mindestens ein bis zwei Stunden Zeit für Weiterbildung; bei Befragten ohne leitende Funktion sind das lediglich 18 Prozent.

Bei der Motivation gibt es allerdings deutliche geschlechterspezifische Unterschiede: Frauen geht es in erster Linie um die persönliche Entwicklung; für Männer hingegen ist die Aussicht auf mehr Gehalt ein Hauptgrund, sich weiterzubilden.

„Bildungszeit ist eine Investition in die eigene Entwicklung. Gerade in Zeiten scheinbar unbegrenzter Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt ist es wichtig, sich über die eigenen Ziele klarzuwerden und die persönliche Weiterbildung daran auszurichten“, sagt Dr. Julian Stahl, Arbeitsmarktexperte bei XING.

21.03.2023    Madeline Sieland
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