Guerilla-Recruiting
17.08.2021    Thomas Soltau
  • Drucken

In Kürze:

  • Guerilla-Recruiting überrascht potentielle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und bleibt im Gedächtnis.
  • Mit unkonventionellen Mitteln werden Bewerbende neugierig gemacht.
  • Künftige Mitarbeitende werden an ungewöhnlichen Orten gesucht und gefunden.

Die Grundregel beim Guerilla-Recruiting: Frechheit siegt. So stellte ein E-Commerce-Start-up in San Francisco kontaktfreudige Mitarbeiter an Pendlerhaltestellen, an denen Google- oder Facebook-Shuttles stoppten. In einer Art Open-Air-Café wurden kostenlos Kaffee und pochierte Eier verteilt. Der Grund: Das Unternehmen suchte Entwickler. Man kam mit den Wartenden ins Gespräch, fragte sie, ob sie nicht Interesse an einem Wechsel zu einem spannenden Arbeitgeber hätten – und das nervige Pendeln fiele dann auch weg. Mit Erfolg: Das Start-up überzeugte einige der gefragten Entwickler von sich.

Schrill mit Charme

Längst ist das Guerilla-Recruiting aus dem Untergrund herausgetreten und auch bei den großen Unternehmen angekommen. In vielen Branchen kämpfen sie mit teils hohen Budgets und schrillen Ideen um Bewerbende – und auch darum, ihre Aktionen viral zu verbreiten. Denn natürlich geht es um Aufmerksamkeit.

Frische Ideen, um Talente mit einem Jobangebot auf möglichst sympathische und kreative Weise zu überraschen, brauchen Reichweite. So ziehen Videos von gut gemachten Aktionen in den Netzwerken auch Bewerberinnen und Bewerber an, die auf direktem Weg nicht erreicht werden.

Bewusstlose Frau an der Rolltreppe

Das Arsenal der Guerilla-Recruiter scheint unerschöpflich: In Kanada setzte eine Agentur auf den Schock-Effekt. Sie entwarf große, dreidimensional wirkende Prints einer bewusstlosen Frau. Die lebensechten Hingucker wurden in Einkaufszentren ans Ende von Rolltreppen gelegt. Wegen des 3-D-Formats konnten die Kunden erst im letzten Moment erkennen, dass es sich nicht um eine echte Bewusstlose handelt. Auf dem Motiv warb der Arbeitgeber mit dem Slogan „Wissen, was zu tun ist. Rotes Kreuz Kanada“ für sich.

„Pizza Digitale“ bestellen, Arbeitgeber finden

Ein Vorreiter war die Hamburger Agentur Scholz&Friends. Bereits 2011 versuchte die Hamburger Werbeagentur, Kolleginnen und Kollegen der Konkurrenz mit einer ganz besonderen Idee abzuwerben: Als die Mitarbeitenden abends eine Pizza orderten, wurde die Bestellung von der Agentur um eine „Pizza Digitale“ mit einem QR-Code aus Tomatenmark angereichert. Als die Pizza ankam, wurde den Mitarbeitern schnell klar, dass man den Code scannen konnte. Das führte zu einem Stelleninserat der Konkurrenz auf dem Handy. So kam es zu immerhin zwölf Bewerbungsgesprächen.

Einmal wegsperren, bitte!

Die schwedische Armee erwies sich ebenfalls als sehr kreativ, allerdings war die Idee eher bizarr. So wurde eine große schwarze Box im Stadtzentrum von Stockholm platziert, in der ein Mann „festgehalten“ wurde. Per Livestream wurden parallel dazu Bewegtbilder aus der Box auf eine Kampagnen-Webseite übertragen. Jede Stunde öffnete sich die Tür der Box und Freiwillige konnten mit der Person, die dort saß, tauschen, um dann selbst auf die nächste Ablösung zu warten. Unter dem Slogan „Wer kümmert sich?“ sollten so die Werte, die sich die schwedischen Streitkräfte auf die Fahnen geschrieben haben, greifbar gemacht werden. Potenzielle Bewerbende waren aufgefordert Engagement und Einsatz an den Tag zu legen.

17.08.2021    Thomas Soltau
  • Drucken
Zur Startseite