07.04.2021    Maria Zeitler
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In Kürze:

  • Konsumverzicht alleine reicht nicht, um den Klimawandel zu stoppen. Es bedarf auch nachhaltiger Innovationen.
  • Da es im Aktiengesetz nun eine Kopplung von Nachhaltigkeit und Vorstandsvergütung gibt, wird das Thema häufiger zur Chefsache erklärt.
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Ein Schiff, das über die Weltmeere fährt, den Müll einsammelt, daraus seinen eigenen Treibstoff herstellt und über ein Entsalzungsverfahren auch noch Trinkwasser produziert. Das ist doch eine nachhaltige Innovation, fand Georg Dieter Fehner, Kapitän sowie Geschäftsführer von Port Energy Logistic. Seit fünf Jahren arbeitet er am Projekt „Müllabfuhr für die Weltmeere“.

Nachhaltigkeit und Innovation gehen Hand in Hand

Am DUB Digital Business Talk nahmen teil:

  • Dr. Friedrich Schwandt, Gründer und CEO, Statista
  • Georg Dieter Fehner, Kapitän Große Fahrt & Geschäftsführer, Port Energy Logistic 
  • Professor Kai C. Andrejewski, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Regionalvorstand und Managing Partner, KPMG

Moderator: Jens de Buhr, Verleger, DUB UNTERNEHMER


Der Müllteppich in den Weltmeeren, der inzwischen doppelt so groß ist wie China, sowie die Trinkwasserknappheit – das sind die Themen, die den 63-Jährigen umtreiben. „Wenn man anfängt, Forschung und Entwicklung zu betreiben, hat man natürlich ganz klar die Vorstellung, dass es langfristig und nachhaltig sein soll.“ Nur mit solchen Projekten lassen sich heutzutage die Kosten für die Entwicklungsarbeit wieder einspielen. „Deshalb ist Innovation für meine Begriffe immer mit Nachhaltigkeit verbunden. Sonst würde es für mich gar keinen Sinn machen“, sagt Fehner.

Dass man die beiden Bereiche nicht trennen kann – das betont auch Kai C. Andrejewski, Wirtschaftsprüfer bei KPMG: „Die einen sind der Meinung, wir können nachhaltig sein, wenn wir Verzicht üben. Nach dem Motto: Wenn wir einfach die Decke über den Kopf ziehen und das Licht ausmachen, wird schon alles gut. Die anderen sind der Auffassung: Mit ein bisschen Innovation kriegen wir das Thema schon in den Griff. Beides sind notwendige Bedingungen, aber für sich alleine genommen nicht hinreichend. Also: Wir brauchen ein riesiges Maß an Innovation, aber wir brauchen auch eine Einstellungsveränderung, denn ohne sie wird die Innovation nicht funktionieren.“

Bedeutung des Themas steigt

Dass Nachhaltigkeit tatsächlich in den Unternehmen gerade ein großes Thema ist, beobachtet auch Statista-CEO Friedrich Schwandt. Statista ist eines der weltweit erfolgreichsten Statistik-Portale, das Daten aus den verschiedensten Quellen aufbereitet und seinen Nutzern zur Verfügung stellt. Und diese Nutzer – das sind rund 30 Millionen Menschen weltweit, nicht zuletzt aus Unternehmen.

„Natürlich sind aktuell die Coronapandemie und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen das Top-Thema bei uns, wie es bei allen ist. Aber jetzt kommt es: Das zweitgrößte Thema ist tatsächlich Nachhaltigkeit in all seiner Ausprägungen“, so Schwandt. Bei den Nachfragen hat sie sogar die Digitalisierung überholt. Laut Schwandt hat das den einfachen Grund, dass das Thema Digitalisierung schon greifbarer ist. „Bei Nachhaltigkeit ist es so: Das Thema kommt jetzt gerade erst wirklich auf. Es gibt ein Bewusstsein in den Unternehmen. Alle verstehen, Nachhaltigkeit ist Chance und Bedrohung zugleich. Aber wie sie das jetzt konkret umsetzen sollen, wissen die wenigsten.“

Daten helfen, nachhaltiger zu werden

Wichtig ist laut Andrejewski vor allem die Definition: Was ist überhaupt nachhaltig und grün? „Viele Unternehmen sagen, wir werden bis 2025 klimaneutral sein. Dann sprechen die meisten nur von der Produktion, aber nicht davon, wie ihre Produkte genutzt werden“, so der KPMG-Experte. „Wir sind am Anfang einer Entwicklung und müssen sehr genau schauen, was ist nur grün dargestellt und was ist wirklich grün?“

Neben der Definition fehlt Unternehmen oft die Idee, welche Innovationen sie genau anstoßen könnten, um für mehr Nachhaltigkeit zu sorgen. Da können laut Statista-CEO Schwandt auch wieder Daten hilfreich sein: „Wir helfen Unternehmen, überhaupt einmal einzuschätzen: Wenn ich bestimmte Dinge mache, wieviel CO2-Ausstoß kann das verursachen? Wie stark kann ich Kosten senken? Mache ich etwas oder mache ich es nicht? Dazu brauchen sie ihre eigenen Unternehmensdaten und Benchmarks dazu – und diese Benchmarks liefern wir.“

Denn dass Unternehmen etwas tun müssen, dass es mehr Unternehmergeist bei nachhaltigen Innovationen geben muss, hält Wirtschaftsprüfer Andrejewski für unstrittig. Und dafür ist auch nicht unendlich Zeit vorhanden: „Der Auslöser des Klimawandels sind ganz klar die stark steigende Weltbevölkerung und der damit verbundene Ressourcenverbrauch sowie der damit verbundene Energiehunger. Wir werden das mit fossilen Brennstoffen nicht lösen können. Das führt in die Katastrophe. Wir werden es auch nicht mit Verzicht lösen können. Das führt in eine soziale Unruhen und eine Katastrophe“, sagt er.

Ein Thema für den CEO

Helfen könnte, dass es im Aktiengesetz nun eine Kopplung von Nachhaltigkeit und Vorstandsvergütung gibt. Wenn diese Messgröße vergütungsrelevant ist und nicht mehr nur die finanzielle, sondern auch die qualitative Rendite gemessen wird, wandert das Thema ganz schnell aus der CSR-Abteilung auf den Schreibtisch des CEO. Und das ist schon einmal der erste Schritt.

Dann müssen sich Unternehmen aber laut Andrejewski klar werden: „Was ist eigentlich das Soll, worauf will ich hinaus, was will ich reduzieren? Ich bin mir sicher, dass wir in fünf oder zehn Jahren über die nicht-finanziellen Informationen weit mehr diskutieren und streiten werden als über die finanziellen.“

Auch Statista-CEO Schwandt ist sich sicher: „Nachhaltigkeit ist ein dauerhaftes Thema, das immer größer wird. Also etwas zugespitzt: Ich glaube, wir werden in 2022 nochmal eine Zeit haben, wo wir uns zurücksehnen an die Corona-Tage, als das Hauptthema war, wie wieviel Infizierte es gibt, und ob gerade mal geschlossen wird oder nicht geschlossen wird. Denn dadurch gibt es einen Stau und in 2022 werden die Themen Digitalisierung, Geopolitik und Nachhaltigkeit auf die Unternehmen einstürmen und wir werden gar nicht mehr wissen, wie uns geschieht.“

Es braucht also nachhaltige Innovationen und Projekte, die dem jetzt schon vorgreifen – wie etwa das Schiffsprojekt von Kapitän Fehner. Mit 40 Jahren Berufserfahrung weiß er, dass man dabei beharrlich sein und dranbleiben muss: „Wenn man ein Ziel hat, dann sollte man sehen, dass man es auch erreicht. Selbst wenn man mal einen kleinen Bypass legen muss – der Generalkurs, der ist wichtig.“

07.04.2021    Maria Zeitler
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