Symbol von Wasserstoff
20.10.2021    Maya Timmann
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In Kürze:

  • Zum Gelingen der Mobilitätswende ist mehr als der elektrische Antrieb nötig. Die Politik sollte den Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur fördern.
  • Nachhaltiges Handeln von Unternehmen ist für den Fachkräftenachwuchs ein wichtiges Entscheidungskriterium bei der Wahl eines Arbeitgebers.
  • Führungskräfte im Bereich Nachhaltigkeit sollten mit Entscheidungsbefugnissen ausgerüstet und ins operative Geschäft eingebunden sein.

14.459 klassische Tankstellen sowie 25.323 Ladesäulen für E-Autos gibt es in Deutschland. Wasserstoff tanken können Autofahrer dagegen bundesweit nur an 92 Stationen. Dabei ist Wasserstoff das meistverbreitete chemische Element im Universum – und liegt dennoch als Kraftstoffquelle in Deutschland meilenweit hinter Benzin und Strom.

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Das könnte in Zukunft jedoch zum Problem werden. Denn: „Ein nachhaltiges und klimaneutrales Mobilitätssystem ist nicht rein elektrisch möglich. Das ist mittlerweile auch in den Köpfen der Politiker angekommen“, sagt Stefan Dohler, Vorstandsvorsitzender des Energiedienstleisters EWE in „CEO-Talk: #WePowerment“, dem Videocast von Kienbaum und DUP UNTERNEHMER.

Forderungen an die Politik

Mit dem Mirai stellt Toyota eines der beiden in Deutschland verfügbaren Automodelle mit Wasserstoffantrieb her. Ferry M. M. Franz, Director Berlin Office & Hydrogen Affairs bei dem japanischen Autobauer, hofft vor allem auf die Unterstützung beim Ausbau der Infrastruktur für Wasserstoff durch die Politik: „Wir können in Deutschland noch ganz viel Zeit vergeuden und über Wasserstoff reden. Aber ich glaube, wir müssen jetzt einfach loslegen – erste kleine Schritte machen und schauen, was passiert.“

Besonders im Schwerlastverkehr wäre Wasserstoff ein geeigneter nachhaltiger Antrieb, da die Batterien für den E-Motor ein hohes Eigengewicht haben. Und, so Franz, eine passende Infrastruktur für Wasserstoffautos aufzubauen, wäre in vielen Ländern zudem einfacher möglich als eine Infrastruktur für E-Mobilität zu schaffen. Darauf zu warten, dass die Politik handelt, reicht Toyota jedoch nicht. „Um das Thema zu befeuern, geben wir alle Wasserstoffpatente frei“, sagt Franz. „Wir möchten, dass Wettbewerber auf den Zug aufspringen, damit der Kunde mehr Auswahl an Autos hat und Wasserstoff insgesamt präsenter wird.“

Auch Jürgen Siebert, Experte für Executive Search & Director bei der Beratung Kienbaum Consultants International, fordert: „Wir brauchen mehr Mut, wir brauchen mehr Vertrauen in den Markt und wir brauchen eine liberalere Grundhaltung. Wir müssen einen europäischen oder sogar einen internationalen Weg gehen – technologieoffen und frei von Beschränkungen.“

Nachhaltiges Engagement gegen den Fachkräftemangel

Was für die Transformation der Automobilindustrie und des Energiesektors nötig ist, sind Fachkräfte. Ein großes Interesse an neuen, grünen Technologien ist laut Siebert vorhanden: „Wir sehen seit Jahren die Tendenz, dass junge Ingenieure sinnstiftend tätig sein wollen. Das Geld verdienen ist mehr in den Hintergrund gerückt. Deshalb ist es wichtig, dass Unternehmen Konzepte entwickeln, um diese Fachkräfte zu überzeugen.“

Toyota beispielsweise geht mit gutem Beispiel voran. Der Hersteller setzt seit 25 Jahren auf den Hybridantrieb und hat die erste CO2-neutrale Fabrik gebaut. Und auch eine Stadt am Fuße des Mount Fuji, in der Klimaneutralität und neue Mobilitätskonzepte im Fokus stehen, zahlt auf die Nachhaltigkeitsstrategie des Automobilkonzerns ein. Denn im Kampf gegen den Fachkräftemangel brauche es nicht nur ein grünes Image, sondern wirkliches Engagement: „Nachhaltigkeit als leere Worthülse ist ein Problem. Wenn man wirklich nachhaltiges Engagement nachweisen kann, wird das wahnsinnig spannend für Interessenten, die einen neuen Arbeitgeber suchen“, so Franz.

Leadership im Zeichen der Nachhaltigkeit: Immer mit am Tisch

Welche Auswirkungen hat der Megatrend Nachhaltigkeit auf die Führungsriege von Unternehmen? „Wir fordern von unserer Führungsmannschafft, dass sie messbar für das Thema Nachhaltigkeit einsteht“, sagt Dohler. Dafür seien auch längerfristige Anreizsysteme wichtig. „Man muss sich ein stückweit quälen um nachhaltiger zu sein als die anderen“, so der EWE-Chef. Angesichts des schnellen technologischen Wandels sei eine selbstlernende Organisation wichtig, argumentiert Automobilexperte Franz. „Unternehmen müssen sich immer wieder evaluieren und weiterentwickeln, um Schritt halten zu können.“

Doch wie lassen sich Umwelt- und Klimaschutzziele sowie eine gute Unternehmensführung am besten in der Praxis umsetzen? „Wenn solche Führungspositionen nachrangig im Unternehmen angesiedelt sind, haben sie wenig Befugnisse und einen geringen Wirkungsgrad“, sagt Leadership-Experte Siebert. „Die Nachhaltigkeitsanforderungen nehmen definitiv zu. Einige Unternehmen haben bereits entsprechende Positionen in der C-Level-Ebene eingeführt“, so der Berater. EWE-Chef Dohler ergänzt: „Ich brauche keine Stabsabteilung Nachhaltigkeit, sondern eine Gruppe, die schlau denkt und immer einen Schritt voraus ist. Sie ist bei jedem strategisch wichtigen Projekt mit am Tisch, denn dort müssen die Nachhaltigkeitsziele berücksichtigt werden.“

20.10.2021    Maya Timmann
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