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08.06.2021    Inga Höltmann
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Wenn ich mit Menschen und Organisationen an ihrer Transformation arbeite und sie durch diesen Prozess hindurchbegleite, dann lege ich viel Wert auf das Warum: Warum wollen wir diese Veränderung überhaupt? Weil wir denken, das macht man jetzt so, oder weil wir wissen (oder ahnen), dass es eine sinnvolle Antwort auf die Herausforderungen einer sich immer schneller wandelnden Arbeitswelt sind? Und ich lege Wert auf das Miteinander und versuche, Fragen zu ergründen wie diese: Wie arbeiten wir denn eigentlich miteinander, welche Werte leiten uns? Welches Menschenbild schwingt mit?

Tools sind wichtig, aber nicht alles

Meistens eher früher als später begegnet mir auf dieser Reise die Frage nach Tools: Nach einem Fünf-Punkte-Plan oder einer Werkzeugkiste, in die man hineingreifen kann, um sich ein Format herauszupicken, das in einer bestimmten Situation helfen kann. Und die richtige Ausstattung mit Tools ist wichtig, ohne Frage. Doch ich habe den Eindruck, dass wir oft zu sehr auf Tools und Formate konzentriert sind und uns diese Perspektive auch manchmal behindern kann.

Kolumne von Inga Höltmann

Ich denke, dass das Bedürfnis nach einer prall ausgestatteten Werkzeugkiste vor allem daher kommt, dass sie uns eine Reduktion der Komplexität verspricht. Werkzeuge können wir uns zusammensammeln, sie anschauen, sie ausprobieren oder sie bei Bedarf aussortieren. Sie bieten uns Griffe, mit denen wir Veränderungsprozesse anfassen und gestalten können. Wir können sie testen und ihre Wirkung einschätzen.

Und das ist auch richtig so: Tools bieten uns Interventionsmöglichkeiten an. Keine Transformation kann ohne sie gelingen. Doch wir sollten uns davor hüten, die Tools mit dem zu verwechseln, was sie bewirken sollen. Tools sind Hilfsmittel, um unsere Ziele zu erreichen, doch ohne Klarheit in den Zielen führen sie uns unter Umständen in die Irre. Und das liegt dann nicht an den Tools, sondern daran, dass uns nicht klar war, was denn eigentlich unser Ziel ist.

Die Kommunikation entscheidet

Es gibt jedoch etwas, das ich als „Geheimwaffe“ der Transformation bezeichnen würde. Mein Eindruck ist, dass Unternehmen vor allem dann erfolgreich sind in ihren Bemühungen, wenn sie einen Schwerpunkt darauflegen und ehrlich danach streben. Und diese Geheimwaffe ist – Kommunikation.

Illustration von Inga Höltmann

Inga Höltmann ist Expertin für die Themen Kulturwandel in Unternehmen, New Work und Digital Leadership. Sie ist Gründerin der Accelerate Academy, Macherin des New Work Briefings, tritt als Keynote-Speakerin auf und arbeitet im Rahmen von Workshops in Unternehmen zu Themen rund um Neue Arbeit. Zudem ist sie ausgebildete Wirtschaftsjournalistin, bekannt unter anderem für ihre beiden Podcasts zur Zukunft der Arbeit

Kommunikation kann in verschiedenen Ausprägungen daherkommen und bei vielen Tools, Formaten und Interventionen steht der Austausch untereinander im Zentrum, ohne Frage. Doch damit Kommunikation und Austausch in den Unternehmen ihre Kraft entfalten können, geht es auch darum, genauer zu hinterfragen, worin sie eingebettet werden – und sich auch zu fragen: Wie ernst meinen wir es denn eigentlich damit?

Denn wenn den Worten keine Taten folgen, wenn das Besprochene nicht umgesetzt wird oder nicht über das Team oder die Abteilung hinauswachsen darf, dann fühlt sich der Austausch im Team gut an (und kann auch heilsam sein), aber er wird seine transformierende Kraft nicht entfalten.

Die tatsächlich entscheidende Frage ist: Wie gehen wir mit unserem Austausch um? Von welchen Werten und welchem Menschenbild ist er durchwirkt? Und können wir es auch aushalten, in unangenehme oder konfliktbeladene Territorien vorzustoßen? Wie sprechen wir miteinander, wenn es um Reibungen geht? Wie lösen wir Konflikte, die vielleicht schon Jahre oder Jahrzehnte schwelen – trauen wir uns da heran und gelingt es uns, wertschätzend und auf Augenhöhe über sie zu sprechen und sie miteinander zu lösen?

Simpel, und trotzdem unterschätzt

Das ist es auch, was die scheinbar so simple Kommunikation zu einer der größten Herausforderungen macht, wenn es um Veränderungen geht: Sie findet sowieso tagtäglich statt und fühlt sich normal für uns an. Doch wenn wir in den Kern von Veränderungsprozessen vorstoßen wollen, müssen wir auch in den Kern unserer Kommunikation vorstoßen und uns ehrlich fragen, ob sie uns so gut dient, wie sie uns dienen könnte.

Und nicht zuletzt: Manchmal braucht es keine fancy Tools oder komplizierten Formate. Hört einander zu! Das ist im Übrigen auch die edelste Form der Führungsarbeit: Räume für den Austausch zu schaffen, eine sichere und vertrauensvolle Atmosphäre zu kreieren und vor allem ehrlich zuhören, wahrnehmen und aufnehmen, was gesagt wird.

 

Kolumnen, Kommentare und Gastbeiträge auf dup-magazin.de geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion.

08.06.2021    Inga Höltmann
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