Illustration eines Chef der seine Mitarbeiter in der Führung einbezieht
11.02.2021    Inga Höltmann
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Kolumne von Inga Höltmann Es gibt seit Langem unterschiedliche Vorstellungen von dem, was Führung ist. So kann Führung etwa Kontrolle und Begleitung sein – wie sie häufig im Bereich des Managements stattfindet. Da geht es eher um die Verteilung und Erledigung von Aufgaben sowie die Überwachung und Begleitung der Arbeitenden. 

Führung kann aber auch anders stattfinden: Manchen Führungskräften geht es eher darum, Räume aufzumachen – Räume, in denen Mitarbeitende eigenständig Entscheidungen treffen, lernen und zudem Fehler machen können. In der Praxis sind viele Führungsstile wahrscheinlich eine Mischung aus beidem. Doch gibt es eine Form von Führung, die für die neue Arbeitswelt besser geeignet ist? 

Illustration von Inga Höltmann

Inga Höltmann ist Expertin für die Themen Kulturwandel in Unternehmen, New Work und Digital Leadership. Sie ist Gründerin der Accelerate Academy, einer Plattform für Neues Arbeiten und Neues Lernen, sie tritt als Keynote-Speakerin auf und arbeitet im Rahmen von Workshops in Unternehmen zu Themen rund um Neue Arbeit. Sie ist zudem ausgebildete Wirtschaftsjournalistin. Bekannt ist sie unter anderem für ihre beiden Podcasts zur Zukunft der Arbeit.

Gute Führung braucht Vertrauen

Ich meine, ja: Für mich ist es der Führungsstil, der Lern- und Entscheidungsräume eröffnet, und weniger der Führungsstil, der kontrolliert. Denn Ersteres entspricht der Ausgestaltung und den Werten von Neuer Arbeit – und zeigt, wie wir Arbeit neu denken und gestalten sollten. Neue Arbeit ist eine Antwort auf die zunehmende Komplexität der Arbeitswelt. Märkte und Kundenbedürfnisse verändern sich rasant, der technologische Fortschritt nimmt stetig zu. Gleichzeitig wird die Welt immer schwerer überschaubar, immer mehr Informationen stehen bereit, strategische Planung stößt an Grenzen.

Neue Arbeit begegnet dieser Komplexität des Umfelds der Organisation, indem sie die Komplexität innerhalb der Organisation erhöht. Im Kern von agilem Arbeiten etwa steht, dass alle Menschen wertvoll sind und etwas Wertvolles zum Innovations- oder Wertschöpfungsprozess beitragen können. Es hat einen Grund, dass es in agilen Teams keine klas­sischen Chefinnen oder Chefs mehr gibt: Das Produkt ist so komplex und volatil, dass eine einzelne Person nicht alles im Blick behalten und steuern kann. Stattdessen geht es darum, Strukturen zu bauen, in denen alle Beteiligten ihr Potenzial entfalten können und auch angehört werden.

Es gehört zur neuen Arbeitswelt, dass Führungskräfte diese neuen Rahmenbedingungen verstehen und ihre Führungsarbeit bewusst in Richtung der Räume und weg von bloßer Kontrolle bewegen. Nur so können sie der zunehmenden Komplexität gerecht werden. 

Und nicht zuletzt spiegelt dieses Führungsverständnis wichtige Werte der Neuen Arbeit wie Augenhöhe oder Vertrauen wider. Eine Arbeitswelt mit solchen Werten braucht neue Führung. Unternehmen tun gut daran, mit ihren Führungskräften dieses neue Führungsverständnis zu erarbeiten. Und sie sollten auch nicht zögern, sich Begleitung dafür zu holen. Denn das kann ein sehr herausfordernder Prozess sein.

60%

Prozent der Führungskräfte in Deutschland und Österreich wenden schon heute einen agilen Führungsstil an. Das zeigt ein 2020 veröffentlichter Report des Hernstein Instituts für Management und Leadership.

11.02.2021    Inga Höltmann
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