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07.04.2020    Charlotte Reuscher
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Im DUB-Video-Call waren heute dazu neben Herausgeberin und Bundeswirtschaftsministerin a.D. Brigitte Zypries zwei ausgewiesene Experten zu Gast:

  • Prof. Dr. Jochen Werner, Ärztlicher Direktor am Universitätsklinikum Essen
  • Morris Hosseini, Senior Partner Roland Berger, Partner im Pharma- und Healthcare-Competence-Center in Berlin

Hierüber diskutierten sie mit den Unternehmern im Call:

Wie lange wird der aktuelle Lockdown noch dauern?

Diese Frage liegt wohl den meisten Unternehmern besonders auf der Seele. Morris Hosseini: „Zu Beginn der Krise hatten wir geschätzt, dass der Lockdown bis zu acht Wochen dauern könnte – drei Wochen haben wir bereits erreicht. Aber: Der Blick in einige andere Länder zeigt, dass es Licht am Ende des Tunnels gibt, und die Zahlen der Neuinfektionen sinken.“

Brigitte Zypries ergänzt: „Auch wenn der Lockdown noch aktuell ist, müssen wir jetzt über ein Exit-Szenario reden.“ Die Diskussion über eine datenschutzkonforme Tracking-App sieht sie als Zeichen, das es in die richtige Richtung geht. Und die strengen Kontaktsperren sollten zeitnah zumindest ein wenig gelockert werden. „Denn auch verfassungsrechtlich ist fraglich, ob ein Zustand, wie wir ihn heute haben, über längere Zeit haltbar ist.“

Wie kann ich mein Unternehmen auf die Zeit nach Corona vorbereiten?

Statt abzuwarten und die Füße stillzuhalten, tun Unternehmer gerade jetzt gut daran, den Betrieb auf die Zeit nach dem Lockdown einzustimmen – davon ist Morris Hosseini überzeugt. „Der wirtschaftliche Schaden, der durch die Krise bereits entstanden ist, kann noch größer werden, wenn man unvorbereitet wieder startet“, so der Berater.

Wichtig sei es zudem, die Motivation der Mitarbeiter aufrechtzuerhalten: „Auch bei uns sind jetzt viele Projekte verschoben – aber wir schauen, wie wir uns auf die Zeit danach vorbereiten können, welche Projekte wir anschieben und wie wir noch besser werden können als vor Corona.“

Ist das Tragen von Masken sinnvoll oder nicht?

Widersprüchliche Informationen aus den Medien sorgten beim Geschäftsführer einer Agentur für Verwirrung – die Prof. Dr. Werner ihm ganz klar nehmen konnte: „Eine Maske, also ein ganz einfacher Mund-Nasenschutz, der die Verbreitung der Tröpfchen einschränkt, ist sinnvoll.

Oft wird gesagt, dieser schütze nur die anderen, nicht aber einen selbst – aber wenn zwei Menschen zusammentreffen, die beide eine Maske tragen, sind eben auch beide sicherer.“ Und woran viele nicht denken: Eine Maske schützt auch davor, sich ständig selbst an Mund und Nase zu greifen!

Wann wird es einen Impfstoff geben?

Auf der Entwicklung eines Impfstoffes gegen Covid-19 liegen zurzeit viele Hoffnungen – nicht zuletzt bei Unternehmern, für die es auch die Wiederaufnahme ihrer Geschäfte bedeutete, weil die Kontaktsperren und Betriebsschließungen dann aufgehoben werden könnten.

Eine schnelle Lösung kann Prof. Dr. Werner zwar nicht in Aussicht stellen, aber: „Ich habe mit Friedrich von Bohlen aus dem Aufsichtsrat des Anbieters CureVac gesprochen, der derzeit mit Hochdruck an Immunisierungen arbeiten. Dort ist man zuversichtlich, dass es 2021 einen Impfstoff geben könnte – vielleicht bereits Anfang des Jahres.“

Verhindern die aktuellen Maßnahmen eine Herdenimmunität?

Derzeit ist im Netz vermehrt zu lesen, dass die Devise „Abflachen der Infektionskurve – Flatten the Curve“ womöglich kontraproduktiv ist, weil sie das Entstehen einer Herdenimmunität verhindere. Diese sei aber nötig, um das Virus effektiv zu stoppen. „Was ist dran?“, wollte eine Call-Teilnehmerin wissen. Morris Hosseini bestätigt das Problem: „Es gibt zwei Auswege aus der Krise – eine Impfung, die aber noch nicht verfügbar ist, und eine Immunisierung auf natürlichem Wege.

Letztere kann jedoch nicht erfolgen, wenn alle im Lockdown sind. Jetzt aber die Maßnahmen komplett zu stoppen, würde das Gesundheitssystem überfordern.“ Wenn die Kontaktsperren schrittweise gelockert würden, sei vor allem eines besonders wichtig: beständiges Testen, um herauszufinden, wer bereits immun ist.

Werden in den Krankenhäusern jetzt eigentlich nur noch Corona-Patienten versorgt?

Seit der Aufforderung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, weniger wichtige Behandlungen und Operationen möglichst zu verschieben, haben die Krankenhäuser der Behandlung von Corona-Patienten deutlich mehr Raum gegeben.

Prof. Dr. Werner sieht das mit gemischten Gefühlen: „Wir haben derzeit 50 Covid-19-Erkrankte in unserem Klinikum und halten ein großes Kontingent an Betten frei. Daneben laufen elf Studien zu Corona. Trotzdem müssen wir auch für andere Erkrankte sorgen, und wir fangen jetzt wieder an, auch einige nicht ganz so lebensbedrohlich Erkrankte zu operieren. Die große Kunst dabei ist es, niemanden zu vernachlässigen.“

 

Die 3 Top-Tipps der Experten:

  • Brigitte Zypries: Behalten Sie die Nerven – und fokussieren Sie sich auf den Wiedereinstieg nach Corona!
  • Morris Hosseini: Auch nach der Krise wird Deutschland ein starker Wirtschaftsstandort sein! Wir machen gerade wichtige Erfahrungen, bringe die Digitalisierung voran und lernen, wie wir uns in Zukunft resilienter, also widerstandsfähiger, aufstellen können. Das ist auch eine Chance!
  • Prof. Dr. Jochen Werner: Handeln Sie besonnen, und verlieren Sie nicht die Älteren aus dem Fokus!
07.04.2020    Charlotte Reuscher
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