OPTIMAL SYSTEMS GmbH Vordenker 2022
28.06.2022    Holger Reher
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Zur Person

Gregor Wolf

ist Diplom-Informatiker und CEO der Optimal Systems GmbH, für die er seit 2013 tätig ist – ab 2015 als COO. Stationen seiner Laufbahn führten ihn nach mehreren Jahren in der Forschung zu verantwortlichen Positionen beim Web-CMS-Startup B2B Company und zur Klopotek AG als Vorstand und CTO. Nach seinem Einstieg bei Optimal Systems baute er zunächst das Produktmanagement auf.

Wie hat sich Ihr Business in den letzten Monaten entwickelt?

Gregor Wolf: Wir sind in jedem der beiden Corona-Jahre gewachsen. Gleichzeitig haben wir unsere Marktführerschaft im Öffentlichen Dienst erheblich ausgebaut – wir können also wirtschaftlich sehr dankbar sein, anderen ging es nicht so gut. Ein Learning aus der Pandemiezeit ist sicherlich, dass es sehr weise war, uns horizontal aufzustellen: Wir sind nicht allein auf eine spezielle Industrie fokussiert, unsere Software ist durch ihre Anpassbarkeit gegenüber ganz unterschiedlichen Industrien positioniert. Wir haben sicherlich davon profitiert, dass Corona einen Druck erzeugte, in den Ausbau digitaler Infrastrukturen zu investieren – überfällig war das aber auch ohne Corona längst. Zum Beispiel: Im öffentlichen Dienst haben wir sehr zugelegt und damit auch mehr als aufgefangen, was andere Industrien in der Corona-Zeit womöglich nicht investieren konnten – Krankenhäuser zum Beispiel hatten ja ganz andere Probleme, als sich um Digitalisierungsprobleme zu sorgen.

Was uns selbst angeht: Weil wir selbst Digitalisierung anbieten, haben uns Corona und Homeoffice vor keine Herausforderungen gestellt. Bestehende Regelungen mussten wir nur leicht ausbauen; die technische Infrastruktur hatten wir ohnehin – wir waren immer voll arbeitsfähig.

Was ist das Erfolgsrezept für Ihr Business?

Wolf: Wir machen Digitalisierungsprodukte. Das heißt, wir machen Software, mit der Papier und manuelle Prozesse verschwinden. In Zeiten, in denen Leute plötzlich verteilt und dezentral arbeiten, schafft das einen unglaublichen Nutzen. Und das ist das schlichte Erfolgsrezept: Wir machen ein wirklich nützliches Produkt, das Firmen und Organisationen gut gebrauchen können. Und da natürlich nicht alle Unternehmungen vollständig durchdigitalisiert sind, gibt es dafür auch einen Bedarf – der den Motor für unser Wachstum darstellt.

Wie bleiben Sie als Unternehmen neugierig und innovativ und was tun Sie als Management, um das zu fördern?

Wolf: Über diese Frage habe ich lange nachgedacht. Ich glaube, dass es genau umgekehrt ist: Es ist nicht so, dass wir etwas dafür tun, neugierig und innovativ zu sein – wir sind es, und weil wir neugierig und innovativ sind, kommen wir überhaupt dazu, solche Digitalisierungsprodukte zu entwickeln. Weil wir Innovation für andere Unternehmen erzeugen, kommen auch Leute zu uns, die von ihrer ganzen Geisteshaltung aus neugierig sind, die wirklich Lust auf Mitgestaltung und Mitmachen haben. Das erzeugt eine Kultur, in der Innovation, Neugier und Offenheit zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden.

Was ist die größte Stärke der Company? Was zeichnet Sie aus? Trauen Sie sich eine Schwäche preiszugeben?

Wolf: Wie gesagt, wir sind innovativ – aber wir sind auch mutig und techy. Das ist unsere DNA. Zum Beispiel gehen wir anders an Cloud heran als unsere Wettbewerber – die ich sehr respektiere und achte, und die zum sehr großen Teil einen sehr guten Job machen. Aber sie gehen das Thema Cloud überwiegend so an, dass sie ihre bestehenden Infrastrukturen in die Cloud bringen. Wir aber machen es Cloud-native von Grund auf neu. Wir glauben nicht, dass ‚Shift-and-Lift‘ in die Cloud auf lange Sicht funktioniert. So erzeugen wir Produkte und Marktanteile, wo sich die Mitbewerber vielleicht nicht rantrauen oder sich betriebswirtschaftlich weniger mutig entscheiden.

Das wiederum kann aber auch eine Schwäche sein, weil es einen natürlich dazu verleitet, erst spät zu erkennen, wenn man auf dem Holzweg ist. Aber so ist es halt: Wenn man nicht losläuft, wird man nie auf die Nase fallen – und wenn man nicht auf die Nase fällt, wird man auch nichts dazulernen.

In wenigen Worten: Was tun Sie, um den digitalen Anschluss nicht zu verpassen?

Wolf: Für uns ist das fast schon eine verrückte Frage – wir sind ja diejenigen, die anderen Firmen digitale Innovation zur Verfügung stellen. Wir ermöglichen es anderen Unternehmen, den Anschluss nicht zu verpassen. Das ist unsere Mission. Das heißt: Unternehmerische Informationen und Dokumente müssen weg vom Papier und raus aus digitalen Silos und ‚Datensenken‘ wie E-Mail oder Access-Datenbanken auf dem Notebook. Wir schaffen ein zentrales Repository von Unternehmensinformationen und machen diese sichtbar und unternehmerisch verwertbar, fehlerfrei und zugreifbar. Insofern erzeugen wir technischen und digitalen Anschluss für andere Unternehmen.

Was macht Ihr Unternehmen bei Bestandskunden besonders erfolgreich?

Wolf: Wir verloren 0,1 % unserer Kunden über die letzten Jahre, 99,9 % unserer Kunden erhalten wir. Das spricht für sich. Was wir an der Stelle richtig und vielleicht auch besser machen als unsere Wettbewerber ist: Wir sind sehr darauf fokussiert, auf die individuellen Spezifika unserer Kunden einzugehen. Standardsoftware kann einem Kunden mit seiner Einzigartigkeit nicht entgegenkommen. Wir machen das anders: Unsere Software ist einzigartig anpassbar und so viel mehr in der Lage, auf Bedürfnisse eines Kunden oder eines ganzen Branchensegments einzugehen und diese Einzigartigkeit jedes Kunden zu respektieren. Das erzeugt Kundenbindung!

Was ist ihr Erfolgsfaktor, um Neugeschäft zu gewinnen?

Wolf: Der gleiche Punkt: Individualisierung. Wenn man auf ein paar Kilometer Flughöhe geht, machen alle Enterprise Content Management-Systeme letztlich nichts Besonderes: Speichern, Strukturieren, Suchen, Wiederfinden, Anzeigen, Bearbeiten – von großen Dateien und unstrukturiertem Content. Was machen wir anders als unsere Mitbewerber? Wir gewinnen Wettbewerb oft nicht über den Preis, sondern mit dem möglicherweise teureren, aber sehr glaubhaften Versprechen, die Prozesse des Kunden individualisiert abbilden zu können – und nicht eine starr verdrahtete Standardsoftware hinzustellen, an die sich dann das Unternehmen anpassen muss.

Was tun Sie, um den Service zu verbessern?

Wolf: Zuhören ist das wichtigste: Kunden haben immer recht, und wenn ein Kunde unzufrieden ist, dann haben zunächst wir etwas falsch gemacht, nicht er. Aber wenn wir etwas falsch gemacht haben, dann hören wir sehr aufmerksam zu. Vor fast 20 Jahren unterhielt ich mich auf einer Konferenz in Moskau mit einer Amazon- Managerin, die schon damals sagte, Amazons Mission sei es, das kundenfreundlichste Unternehmen der Welt zu werden. Hört sich sehr amerikanisch an – und ist nicht allein der Grund für ihren Erfolg. Daraus habe ich aber für mich mitgenommen: Kundenfreundlichkeit und -orientierung lohnen sich auch betriebswirtschaftlich.

Nennen Sie ein konkretes Beispiel wie Ihr Unternehmen Service lebt.

Wolf: Wenn wir Software einführen, dann entwickeln wir mit dem Kunden alle Anpassungen, die die Software auf seine spezifischen Anwendungsfälle hin customized. Für Verträge ist das beispielsweise anders als für eine Rechnungseingangsbearbeitung. Und im Öffentlichen Dienst gibt es natürlich andere Fachanwendungen und andere Prozesse als in einem Maschinenbauunternehmen. Diese Individualisierung ist unsere Spezialität – und darum ist es auch die erste Frage, die wir an Kunden stellen. Und wir sind sehr aufmerksame Zuhörer.

Was tun Sie, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren? Gibt es eine Maßnahme, die Sie mit Stolz erfüllt?

Wolf: Homeoffice ist Standard und wir haben eine Liste mit über 20 Benefits, angefangen bei festangestellten Personal-Fitness-Coaches, über frei verfügbare Elektroautos, die von allen Mitarbeitern bei Bedarf kostenfrei genutzt werden können, bis hin zu Business-Bikes oder Kita-Bezuschussung – das haben aber mindestens 200 der 400 Start-Ups in Berlin und jedes moderne Hightech-Unternehmen, mit denen wir um Talente konkurrieren. Deswegen komme ich hier auf einen einzigen Punkt zurück: Bei uns dürfen, können und sollen alle mitgestalten. Die Idee hinter OPTIMAL SYSTEMS ist, dass wir uns jeden Tag ein bisschen verbessern und innovativer machen wollen. Daher kann jede und jeder zu allem hier seine Meinung und Kritik äußern – auf allen Wegen, gegenüber allen Kolleginnen und Kollegen, jenseits jeglicher Hierarchien, Bereiche und Organisationsstrukturen – alle Mitarbeitenden dürfen mitgestalten. Und wir organisieren das auch systematisch. Als CEO bin ich stolz darauf, dass wir das nicht nur predigen, sondern auch leben. Denn das, muss ich sagen, habe ich bei anderen Unternehmen noch nicht so erlebt.

28.06.2022    Holger Reher
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