Glaubwürdig und ehrlich
02.02.2021    Maria Zeitler
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Ein Purpose ist mehr als ein Versprechen

Ganz zentral ist für Schaffmeister und Rütten ist, dass es beim Purpose nicht um ein reines Marken- oder Kundenversprechen im Sinne von „Wir sind immer für Sie da“ handeln darf. Es muss mehr dahinterstecken.

Am DUB Digital Business Talk nahmen teil:

  • Niklas Schaffmeister, Managing Partner, Globe One
  • Ingo Rütten, Strategieberatung, Zielwerk

Moderation: Thomas Eilrich, Chefredakteur, DUB UNTERNEHMER

„Die Wurzeln des Purpose liegen in ein paar sehr alten und tradierten Konzepten: Es geht um gesellschaftliche Verantwortung, um Authentizität, aber auch um Ethik und Religion“, sagt Schaffmeister. „Beim Purpose haben wir es mit moralischen Dimensionen zu tun. Ein positiver Beitrag für die Welt ist sein elementarer Bestandteil, ohne ihn geht es nicht. Sonst habe ich letztlich nur ein Markenversprechen, das ich ein bisschen aufgehübscht habe.“

Um zu erklären, was ein Purpose genau ist, und wie er sich von anderen Begriffen abgrenzt, verwendet Schaffmeister gern als Beispiel die NASA, deren Purpose sein könnte, das Überleben der Menschheit langfristig zu sichern. „Das ist das ultimative übergeordnete Ziel. Die Vision dagegen, also der Zielzustand, ist: Es zu schaffen, in zehn Jahren Menschen auf dem Mond siedeln zu lassen“, sagt er. Die Mission, die dann heruntergebrochen ist auf die Gegenwart, besteht darin, entsprechende Antriebe zu entwickeln, um Menschen dorthin zu bringen.

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Der Purpose als Wegweiser für die Zukunft

Während es für ein Start-up im Bereich Wasserstoff oder für eine NGO relativ leicht ist, einen Purpose zu definieren, tun sich gerade kleine und mittelständische Unternehmen oft schwer damit. Beide Experten warnen davor, es als reines Marketing-Thema zu behandeln. „Der Purpose darf nicht von einem externen Berater mit dem CEO im stillen Kämmerlein ausgedacht werden. Dann kreieren die Texter noch in einen coolen, schmissigen Spruch, damit er nachher im Meeting-Raum an der Wand hängt oder auf eine Kaffeetasse gedruckt wird“, sagt Ingo Rütten.

Unternehmen müssen von Anfang an einen partizipativen Prozess anstreben und alle Mitarbeiter in die Purpose-Entwicklung einbinden. Mit verschiedenen Methoden wie dem Sichten von Best Practices oder auch Rollenspielen und Diskussionsrunden könne man sich dem Thema nähern. „Man entwickelt gemeinsam ein Verständnis dafür und dann ist es definitiv nichts, was aufgepfropft ist, sondern aus dem Unternehmen selbst kommt – und dann auch gelebt werden kann“, sagt Rütten.

Auch Familienunternehmen, die oft darauf beharren, der Purpose stecke ja schon in der DNA der Firma, sollten sich mit dem Thema beschäftigen. „So wie wir den Purpose verstehen, ist er eine Präzisierung dessen, was unausgesprochen im Unternehmen drin ist“, sagt Rütten. Sich damit einmal explizit zu beschäftigen und die DNA zukunftsfähig zu machen, lohne sich. Und so bleibe auch ein Wegweiser erhalten, wenn der Gründer oder seine Nachfahren nicht mehr da seien.

Purpose ist nichts für jeden

Muss also jedes Unternehmen einen Purpose haben? „Nein, nicht jeder muss und sollte auf den aufspringen. Die Fallhöhe ist hoch. Wenn man in der fleischverarbeitenden Industrie sagt, im Endeffekt glaubt mir das da draußen sowieso keiner, kreiert das Zynismus und schadet. Die Empfehlung ist also: Wenn da nur ein ganz kleiner oder gar kein positiver Beitrag eines Purpose sichtbar ist, sollte man es lieber lassen“, rät Schaffmeister. Denn bis zu einem gewissen Grad müsse man Nachweis führen können: „Es kann auch gefährlich sein, damit zu hantieren, wenn man nicht wirklich die Proof Points hat. Wenn es nur Blabla ist, dann geht’s ziemlich schnell in die Hose“, sagt er.

Etwa in folgendem Fall: Wenn sich ein Unternehmen zum Beispiel jahrelang mit Schönheit und Einzigartigkeit bei den Kunden positioniert und im Corona-Lockdown plötzlich eine Drogerie sein will, die die Grundversorgung sicherstellt. Mit so einem plötzlichen Wandel verspielt man Glaubwürdigkeit. „Mit dem Purpose zeige ich meinen moralischen Anspruch und stelle meinen positiven Beitrag in den Vordergrund. Und wenn ich dann hingehe und doch total rational ökonomisch handle, rufe ich natürlich die Kritiker auf den Plan“, sagt Schaffmeister.

Es gibt nur den einen Purpose

Ganz wichtig für die Glaubwürdigkeit ist laut Rütten auch, dass die Leitsätze nach innen und außen übereinstimmen: „Denn vielleicht sind die potenziellen Kunden, die ich gerade anspreche, auch meine zukünftigen Mitarbeiter.“ Und bei den Mitarbeitern vertrauenswürdig zu sein, habe hohe Priorität: „Die müssen das jederzeit unterschreiben können und sagen: Hey, das kann ich nachvollziehen, das wird von den Führungskräften auch wirklich gelebt.“

Für die Glaubwürdigkeit nach innen hält der Strategieexperte es für zentral, dass der Purpose auch realistisch ist und die Frage, womit man Geld verdienen will, nicht außen vor lässt. „Sonst haben wir ein ‚We want to make the world a better place‘ und die Führungskraft sagt: ‚Damit kann ich nichts anfangen. Wir sollen hier unsere Zahlen erreichen. Verstehe ich nicht, wie ich das umsetzen soll.‘ Damit ist nichts gewonnen“, so Rütten.

Das Rezept für einen guten Purpose ist laut Rütten also ein Dreiklang:

  • ihn partizipativ entwickeln,
  • ihn klar nach außen und innen kommunizieren und
  • den Purpose glaubwürdig im Alltag leben.
02.02.2021    Maria Zeitler
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