Den Lieblingsort immer im Blick haben
Besondere Erinnerungen am Handgelenk
Armbanduhren halten ihren Besitzern oft sehr viel mehr vor Augen als die Zeit. Sie erinnern an wichtige Momente im Leben, an besondere Menschen und an Orte, die ihnen viel bedeuten. Sie sind Ausdruck von Geschmack, Persönlichkeit und Zugehörigkeit. Das erklärt auch den Reiz, eine besondere Uhr zu besitzen, die aus der Serienproduktion herausragt, die eine ganz persönliche Zusatzfunktion hat – als Erinnerung eben oder als Bekenntnis. Zunehmend wird der Online-Gravur-Service großer Hersteller genutzt – für Namen, Daten, Widmungen und inzwischen auch für eine Darstellung des Lieblingsorts.
Die schottische Marke Anordain etwa versieht den Boden der Uhren auf Wunsch mit einer stilisierten Karte nach Wahl. Denn die Bindung an eine Urlaubsregion kann mindestens genauso eng und persönlich sein wie die an den Geburtsort und macht Uhren attraktiv, die ein bekanntes Wahrzeichen würdigen.
Mido will mit den „Inspired by Architecture“-Sonderserien zwar vor allem bedeutende Bauwerke feiern, hat aber bestimmt nichts dagegen, wenn die Käufer der neuen „Ocean Star“ mit einem stilisierten Leuchtturm bei zwölf Uhr und einem Bild des „Europa Point Lighthouse“ vor allem an die Straße von Gibraltar und an großes Fernweh denken.
Limitiert – und begehrt
Apropos Leuchttürme: Der Hamburger Hersteller Sternglas verkauft seine „Hamburg Edition Neuwerk“ nicht an die circa 40 Einwohner der winzigen Insel in der Elbmündung, sondern wendet sich wohl eher an die 100.000 Besucher, die jährlich zum Neuwerker Leuchtturm pilgern, zu Hamburgs ältestem Bauwerk.
Alle und jeden will Sternglas nicht bedienen; genau wie bei Midos Edition ist die Auflage limitiert. Der Käufer einer Uhr mit Ortsbezug will schon gern dazugehören, aber seine Uhr muss stets auch etwas ganz Besonderes bleiben.
Exklusivität gehört zum Konzept – bei der Auflagenhöhe wie bei den Bezugsquellen. Breitling beispielsweise hat seit etlichen Jahren eine besondere Beziehung zu Sylt. Weil die beliebte Insel bestens zum Surfer-Lifestyle-Thema der Marke passt. Und weil deren Testimonials aktiv Umweltschutz betreiben und vor einer Weile auch den Kampener Strand von Plastikabfällen reinigten. Jetzt hat Breitling auf Basis der „Superocean Heritage“ eine spezielle „Sylt Edition“ kreiert – mit eisblauem Blatt und einer Strandkorb-Gravur auf dem Stahlboden. Dort findet sich auch die Nummer der Uhr. Die 200 Exemplare sind nur auf der Insel beim Kampener Juwelier Spliedt zu erwerben.
Der lokale Handel macht offenbar beste Erfahrungen mit den Orts-Uhren und bittet die Hersteller immer häufiger um entsprechende Editionen. „Die Händler hatten die Idee, ihre Stadt in den Mittelpunkt zu stellen“, erinnert sich MeisterSinger-Gründer Manfred Brassler. „Wir haben dann einige Kleineditionen von fünf bis zehn Stück hergestellt – ein großer Aufwand für so kleine Auflagen.“
Juweliere begeistert von den individuellen Kollektionen
Mit seinem Team entwickelte er deshalb schon vor Jahren das Prinzip der „City Editions“: Sondermodelle, die auf jede Stadt zugeschnitten werden, in der sich ein Konzessionär bereit erklärt, eine Mindestmenge von zehn Exemplaren zu bestellen. „2017 entstand so die erste ,City Edition‘“, erzählt Brassler. „Alle für uns wichtigen Juweliere waren sofort dabei. Insgesamt wurden es 44 Varianten, von Amsterdam über Berlin bis Sydney und Tokio.“ Die Konzessionäre wählten einen Sinnspruch ihrer Stadt, der neben dem Ortsnamen auf den Boden graviert wurde, sowie ein Bild, das wie ein Scherenschnitt auf der Innenseite des Glasbodens zu sehen ist. Die Münchner wollten natürlich die „Weltstadt mit Herz“, Paris das trotzige „Fluctuat nec mergitur“ des Stadtwappens.
Tatsächlich war es keinem Juwelier vorgeschrieben, nur eine Edition seines Standorts in Auftrag zu geben. Ein Konzessionär in Rotterdam bestellte neben seiner heimischen Version auch Ausführungen mit Städten, in denen es keinen MeisterSinger-Händler gab – und versorgte damit erfolgreich die heimwehkranken Rotterdamer Exilgemeinden.
Basis für alle Ausführungen auch der späteren Editionen war jeweils ein Klassiker der Kollektion mit einem farblich ungewöhnlichen, aber stets sehr dezenten Zifferblatt, auf dem nur der feine Schriftzug „City Edition“ auf den besonderen Charakter hinweist. „Die Kunden wollen keine übertrieben deutliche Individualisierung“, ist sich Brassler sicher. „Und das Design soll schon möglichst viele ansprechen. Bemerkenswert sein, aber eben nicht kontrovers.“ Er verkaufe am besten, wenn der Kunde erwarte, die Uhr für viele Jahre zu tragen. „Andere Marken können mit Knallfarben auch Sammler ansprechen. Das ist bei uns nicht so“, erklärt Brassler.
Uhren mit Ortsbezug: Von diskret bis expressiv
Das mit der Diskretion sieht auch nicht jede Marke gleich. Bulgari machte vor zwei Jahren für neun Boutique-Standorte Platz auf der klassischen „Bulgari Bulgari“-Lünette. Ganz Schwarz in Schwarz, ist allerdings erst auf den zweiten Blick zu sehen, wo denn der Träger seine Uhr erworben hat – etwa bei „Bulgari Roma“, „Bulgari New York“, „Bulgari Ibiza“.
Carl F. Bucherer ist, was die Farben angeht, weit expressiver bei seiner ersten „Hometown Edition“ eines Chronographen mit Jahreskalender und Großdatum. Auch die hatte einzelne Vorläufer, wie Samir Merdanovic erklärt, Chief Technology Officer (CTO) der Luzerner Marke: „Der Chronograph ist eine Neuauflage eines historischen Stücks aus unserem Archiv. Ihre Vorstellung 2018 war ein großer Erfolg – und die erste lokalisierte Kleinserie, unserer Heimatstadt Luzern gewidmet, war sofort vergriffen. Nachdem dann die New-York-Version schon vor Eröffnung der dortigen Boutique ausverkauft war, haben wir ein globales Konzept entwickelt.“
Dazu gehört eben auch die Einbindung des Handels in die Gestaltung. Die fünf zur Wahl stehenden Farben wurden in Luzern festgelegt, die Juweliere konnten daraus ihren Favoriten wählen. „Und bei den Launch-Events vor Ort zeigte sich, dass sie alle richtig entschieden haben, die Farbe sehr viel mit der jeweiligen Stadt zu tun hat“, beobachtete Merdanovic.
Lieblingsorte vor der Haustür
Ein vom Händler ausgesuchtes Bildmotiv wird als 3-D-Print auf der Rückseite platziert. „Wir bearbeiten das Glas dafür beidseitig, mit einem Print innen und einer dreidimensionalen Struktur außen“, erklärt der CTO. Der große Erfolg der „Hometown Edition“ habe bestimmt damit zu tun, dass die Attraktivität limitierter Auflagen – hier sind es 88 Exemplare pro Stadt – und der Lokalpatriotismus ineinandergriffen, „wobei die Heimatliebe gerade in kleineren Städten ein stärkeres Motiv zu sein scheint“.
Aber die kräftigen Farbverläufe ziehen auch Sammler an, denen es weniger um den lokalen Bezug geht. „Eine Kundin hat gleich ein Fünfer-Set aus allen Farben bestellt“, sagt Merdanovic. 17 Varianten gibt es bislang – und eine Warteliste von Händlern, die eine eigene Version möchten. Tatsächlich sei aber der Aufwand für jede Ausgabe groß, die Entwicklung dauere mehrere Monate, zumal man auch die Bildrechte an den Wahrzeichen klären müsse. Merdanovic ist sich trotzdem sicher: „Wir werden noch weitere Städte einbeziehen.“
Angebot mit Augenmaß
MeisterSinger hat nach mehreren erfolgreichen „City Editions“ für zwei Jahre ausgesetzt. „Man muss rechtzeitig auf den Handel hören, wenn der spürt, dass sich die Uhren allmählich schwerer verkaufen lassen“, sagt Brassler. Für 2023 aber bieten die Münsteraner wieder eine „City Edition“ an; die Resonanz sei sehr gut, so Brassler. Das Zifferblatt trägt diesmal ein gefälliges Grün; die Silhouette der Lieblingsstadt bleibt, ganz persönlich, auf dem Boden.
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