Die drei Buchstaben ETF stehen auf Würfeln.
15.11.2021    Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun
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Auch wenn das Gros der Finanzindustrie pflichtbewusst versucht, dies zu ignorieren, unabhängige Finanzwissenschaftler sind sich bei einer Sache schon lange einig: ETFs sind auch für Privatanleger ein hochattraktives Produkt. Sie sind kostengünstig, transparent und – vielleicht noch wichtiger – man spart sich negative Überraschungen, wenn der Fondsmanager zwar eine tolle Analyse hatte, sich die Realität aber leider mal wieder nicht an diese gehalten hat. Also einfach ETFs kaufen und alles wird gut? Nein – überhaupt nicht!

ETFs sind theoretisch ein hochgradig sinnvolles Finanzprodukt

ETFs haben kostengünstige, breit diversifizierte Portfolio-Lösungen demokratisiert. Wirklich jeder Anleger kann bereits mit kleinen Summen ein Portfolio mit einem praktisch identischen Chance-Risiko-Profil zusammenstellen wie ein institutioneller Investor mit dreistelligen Millionenbeträgen.

Kolumne Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun

Und es ist an sich auch nicht sonderlich schwierig, ein Portfolio mit verschiedenen ETFs selbst zusammenstellen. Immer mehr Privatanleger machen dies auch, was per se eine gute Nachricht ist. Nur erstaunlicher Weise sind die Ergebnisse dadurch häufig nicht besser geworden – im Gegenteil.

In der Praxis sind die Ergebnisse von ETF-Investoren katastrophal

Der Finanzökonom Prof. Steffen Meyer hat zusammen mit anderen Finanzwissenschaftlern hierzu eine bemerkenswerte Studie geliefert.

In der Studie wurden 1.061 reale Anleger-Portfolios einer Onlinebank über einen Zeitraum von fast fünf Jahren analysiert und dabei ein paar interessante Erkenntnis gewonnen:

Illustration Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun

Dr. Nikolaus Braun und Stefan Heringer sind die Gründer der Neunundvierzig Honorarberatung. Ihre Kernkompetenz ist die langfristige Begleitung Ihrer Mandanten rund um die Frage wie Vermögen Lebensqualität schaffen kann. Als Vermögensverwalter der Deutschen Wertpapiertreuhand stehen Sie für finanzwissenschaftlich informierte Anlagestrategien. Braun ist zudem Autor des Finanzratgebers „Über Geld Nachdenken“.

  1. Ein fiktives Portfolio, das theoretisch nur aus einem MSCI-World-ETF bestanden hätte, hätte sowohl hinsichtlich Volatilität als auch Rendite die besten Ergebnisse geliefert. Das hat nur kein einziger Privatanleger so gemacht.
  2. Entsprechend schnitten die tatsächlichen Investoren-Portfolien sowohl beim Risiko als auch bei der Rendite deutlich schlechter ab.
  3. Absolut niederschmetternd ist die Tatsache, dass die Portfolien, bei denen ETFs verwendet wurden, den mit Abstand schlechtesten Beitrag erwirtschaftet haben. Das Risiko war am höchsten und die Rendite im Schnitt sogar negativ!

ETFs begünstigen toxisches Anlegerverhalten

Woran liegt das? Die günstigen Gebühren von ETFs verleiten offenbar Privatanleger dazu, ihr Depot deutlich häufiger anzupassen und irgendwelchen Modethemen hinterherzulaufen. Mit anderen Worten: Sie pfuschen permanent in ihrem Depot herum.

Nur ein einziger von 1.061 Anlegern aus der Studie war im Übrigen bereit, ein von den Finanzwissenschaftlern kostenlos zur Verfügung gestelltes rationales ETF-Portfolio umzusetzen. N = 1!

Ein an sich absolut sinnvolles Vehikel bringt also nichts, wenn es falsch verwendet wird. Das gilt nicht nur für Privatanleger ‒ wir sehen das zum Beispiel auch bei einigen der sogenannten Robo-Advisor: mit desaströsen Ergebnissen.

Dadurch zeigt sich leider wieder einmal: Sie haben mehrere Gegner auf dem Weg zu langfristigem Anlageerfolg. Zum einen sind das natürlich die Bank- und Versicherungsbranche, deren überteuerte Produkte und aggressiver Vertrieb. Den anderen Gegner kennen Sie sehr gut – er schaut Ihnen jeden Morgen beim Zähneputzen ins Gesicht.

ETFs sind eine Waffe. Eine Waffe gegen die Märchen der Finanzindustrie vom erfolgreichen Fondsmanager, der die Risiken am Kapitalmarkt für Sie bändigt, rechtzeitig Korrekturen erkennt, Ihr Vermögen schützt und dann rechtzeitig wieder investiert. Diese Mär funktioniert auf Dauer nicht, das haben zahllose Studien zweifelsfrei belegt.

Aber passen Sie auf, dass Sie sich mit dieser Waffe nicht selber ins Bein schießen.

Alles Liebe,

Ihr Stefan Heringer und Nikolaus Braun

p.s.: Mehr zum Thema rationale Anlagestrategien, Strategien zum Vermögensaufbau, aber auch darüber, wie Ihr Umgang mit Geld Sie glücklicher machen kann, finden Sie im Blog der Neunundvierzig Honorarberatung und in Nikolaus Brauns Finanzratgeber:„Über Geld Nachdenken“.

Drei weitere Beiträge zum Thema klug entscheiden und Honorarberatung:

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15.11.2021    Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun
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