Illustration eines Mannes, der einen Schirm über Mitarbeitende hält
27.10.2021    Maya Timmann
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Sozialversicherung ist ein komplexes Thema. Denn eine „One size fits all“-Lösung gibt es dabei nicht. Das Team von SocialPizza, einem Projekt der Techniker Krankenkasse, berät Gründerinnen und Gründer individuell. Von der Geschäftsidee bis zum Durchbruch am Markt: Was müssen Start-ups in welcher Phase versicherungstechnisch beachten?

Phase 1: Planung

Wenn angehende Gründerinnen und Gründer zum ersten Mal über eine Idee für ein Start-up nachdenken, stecken sie in den verschiedensten Lebens­situationen. Sie studieren, sind in Vollzeit angestellt oder arbeitssuchend. Wie sie sich dann konkret versichern müssen, hängt stark vom Status quo ab.

Der Start in die Selbstständigkeit passiert nicht von null auf hundert. Rückt die Arbeit für das Start-up allerdings – zum Beispiel neben der Festanstellung – in den Vordergrund, wird es Zeit, über die Sozialversicherung nachzudenken. Eine hauptberufliche Selbstständigkeit liegt zum Beispiel vor, wenn der Aufwand im Durchschnitt mehr als 20 Arbeitsstunden in der Woche beträgt oder wenn mindestens eine Person länger als drei Monate beschäftigt wird und diese mehr als 450 Euro pro Monat erhält, also die Minijobgrenze überschritten wird. Dann ist es Zeit, sich mit der Krankenversicherung in Verbindung zu setzen, um die Details zu besprechen.

Wie werden die Versicherungsbeiträge berechnet?

Die Beiträge für die Sozialversicherung werden nach dem Einkommensteuerbescheid und dem darin festgesetzten Gewinn berechnet. Am Anfang der Selbstständigkeit, wenn also noch kein Bescheid vorliegt, wird der voraussichtliche Gewinn geschätzt. Die gezahlten Beiträge werden anschließend mit dem realen Einkommen abgeglichen und Differenzen gegebenenfalls nachgezahlt oder rückerstattet.

Phase 2: Gründung

Die ersten Schritte sind getan: Eine Businessidee ist gefunden, ein Unternehmen wurde gegründet, und die Markteinführung eines Produkts oder Services steht kurz bevor. Ganz allein ist das Arbeitspensum nicht mehr zu bewältigen. Ist es jetzt an der Zeit, Mitarbeitende einzustellen?

Während in der Planungsphase meist nur die eigene Sozialversicherung von Bedeutung ist, kommen mit der Anstellung von Mitarbeitenden neue Herausforderungen bürokratischer Art auf Gründerinnen und Gründer zu. Während eines Gründungsprozesses können Praktikanten und Werkstudenten eine große Unterstützung sein. Der bürokratische Aufwand bleibt dann vielfach gering. Es gibt bestimmte Praktikumsverhältnisse, bei denen keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Das ist zum Beispiel bei Studierenden der Fall, die freiwillige Vor- oder Nachpraktika ohne Entgelt absolvieren. Wenn es sich allerdings um ein Pflichtpraktikum handelt, fallen mit und ohne Gehalt Versicherungsbeiträge an. Studentische Aushilfen, die mehr als 450 Euro monatlich verdienen, sind ebenfalls sozialversicherungspflichtig. Sie müssen die Beiträge selbst in die „Krankenversicherung für Studenten“ zahlen.

Wie werden die Daten dann an die Krankenkasse übermittelt?

Um Daten verschlüsselt an die Krankenkasse zu übertragen, ist entweder ein geeignetes Lohnabrechnungsprogramm oder aber die Anwendung sv.net notwendig.

Phase 3: Aufbau

Es ist geschafft: Das Start-up erzielt erste Umsätze und wächst. Langsam gerät das bestehende Team an seine Kapazitätsgrenzen; neue Leute müssen her. Das ist aber nicht so leicht – vor allem wenn es noch keine ausgeprägte Human-­Resources-Expertise im Unternehmen gibt.

Die Möglichkeit, ausschließlich Praktika oder Werkstudententätigkeiten anzubieten, kann zu Beginn der Gründung zunächst vollkommen ausreichend sein. Ohne Vollzeitmitarbeitende geht es früher oder später allerdings nicht mehr. Doch was gilt es bei Vollzeitmitarbeitenden zu beachten? Generell sind Mitarbeitende zur Sozialversicherung verpflichtet, wenn sie abhängig beschäftigt sind, mehr als 450 Euro, aber unter der aktuellen Versicherungspflichtgrenze (2021: 64.350 Euro jährlich oder 5.362,50 Euro monatlich) verdienen und der Arbeitsvertrag nicht auf wenige Wochen befristet ist. Aber Achtung: Auch 450-Euro-Jobber müssen gemeldet und Kranken- und Rentenversicherung bezahlt werden. Zudem ist für diese Pflicht kein Arbeitsvertrag notwendig. Die tatsächlichen Verhältnisse und die Erfüllung der Bedingungen entscheiden über die Sozialversicherungspflicht.

Was ist bei Mitarbeitenden aus dem Ausland zu beachten?

Ob Mitarbeitende aus dem Ausland versicherungspflichtig sind, hängt vom Alter ab. Ausländische Mitarbeitende, die bei Beschäftigungsbeginn jünger als 55 Jahre alt sind, gelten in Deutschland grundsätzlich als versicherungspflichtig. Das bedeutet, sie können eine gesetzliche Krankenversicherung frei wählen. Mitarbeitende, die älter als 55 Jahre sind, müssen sich unter Umständen privat versichern. Die Versicherungspflicht klärt die zuständige Krankenkasse. Wichtig ist: Der Versicherungsschutz beginnt erst mit dem offiziellen Beschäftigungsbeginn. Für die Zeit von der Einreise bis zum Start des Jobs sollte also eine private Versicherung abgeschlossen werden. Der neue Mitarbeitende hat außerdem weitere Einkünfte – etwa aus selbstständiger Arbeit? Das ist ein Fall, der ganz individuell mit der Kranken­kasse besprochen werden muss.

Phase 4: Wachstum

Das Start-up erzielt Gewinne und kann neue Investitionen tätigen. Mitarbeiterführung, Akquise und professionelles Management rücken jetzt zunehmend in den Fokus.

Nun müssen sich Gründerinnen und Gründer auch in ihre Rolle als Arbeitgebende einfinden. Denn in Zeiten des War for Talents gilt es, quali­fizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für sich zu gewinnen, indem man sich von großen, umsatzstärkeren Unternehmen positiv differenziert. Welche steuerfreien Benefits gibt es, die dabei unterstützen könnten? Wie finden sich die richtigen Angestellten? Und wie lassen sich Betriebsklima und Diversität fördern? Fragen, die sich Gründerinnen und Gründer zunächst meist ohne die Hilfe einer Personalabteilung stellen müssen. Unterstützung können sie dennoch einfordern – zum Beispiel beim Start-up-Team der Techniker Krankenkasse.

Ein weiteres wichtiges Thema wird nun auch die Gesundheit der Mitarbeitenden. Geringere Fluktuation, weniger Krankheitstage und mehr Zufriedenheit: Betriebliche Gesundheitsförderung ist nicht nur etwas für große Unternehmen. Besonders Start-ups, die zu Beginn nur überschaubare Gehälter zahlen, können mit Health-Benefits bei Mitarbeitenden punkten. Nahezu alle gesetzlichen Krankenversicherungen haben hierzu Angebote, um Arbeitgebende bei der Gesundheitsförderung zu unterstützen.

Was ist die Umlageversicherung?

Erkranken Mitarbeitende über einen längeren Zeitraum, greift bis zu einer bestimmten Unternehmensgröße die Umlageversicherung. Sie wird auch Entgeltfortzahlungsversicherung genannt und ist eine gesetzliche Pflichtversicherung für Unternehmen. Fallen Mitarbeitende aus, weil sie längerfristig krank sind oder in den Mutterschutz gehen, ist der Arbeitgebende verpflichtet, das Gehalt weiterzuzahlen. Die anfallenden Kosten können über die Umlageversicherung ausge­glichen werden.