Symbolbild Steuern sparen: Grünes Sparschwein steht auf einem Taschenrechner
21.02.2023    Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun
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Anders als die meisten anderen Deutschen zahlen wir relativ gerne Steuern. Nicht leidenschaftlich, nicht mehr als nötig, aber im Grunde genommen gern. Wir finden es großartig in einem Land zu leben, wo man nachts gut schlafen kann, auch wenn die Kinder noch unterwegs sind, in dem es ein relativ hohes Maß an sozialer Sicherheit gibt und in dem jeder prinzipiell Zugang zu einem guten Bildungs- und Gesundheitssystem hat. Und das kostet eben. Auch wenn Steuergelder zum Teil vergeudet werden und wenn auch uns vieles nicht passt: Wir kaufen uns mit unseren Steuern ein Stück Zivilisation.

Kolumne Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun

Die Abgeltungssteuer ist schon eine Art Steuersparmodell 

Wollen Sie in solch einer Gesellschaft leben oder in eingezäunten Wohnsiedlungen mit bewaffnetem Wachpersonal? Was nützt Ihnen Wohlstand, wenn soziale Ungleichheit und Gewalt die Lebensqualität belasten?

Und es gibt noch einen Grund, warum ich gerne Steuern zahle: Wenn ich Steuern zahle, habe ich vorher etwas verdient. Bei der Kapitalanlage kommt dazu, dass ein großer Teil der Gewinne schon auf Unternehmensebene versteuert wird und sie mit 25 Prozent Abgeltungssteuer zumindest ein gefühltes Steuerprivileg haben. Also ist doch eigentlich alles in Ordnung, oder? 

(Imaginäre) Steuervorteile sind der beliebteste Verkäufertrick 

Die gelebte Realität ‒ insbesondere bei der Kapitalanlage ‒ sieht anders aus: Steuern erscheinen den meisten Anlegern als eine Zumutung, die man irgendwie umgehen muss. Das macht sich die Finanzindustrie zunutze. Kaum ein Köder, den der Produktverkäufer auswirft, ist so schmackhaft wie: „Herr Maier, Sie wollen doch nicht fürs Finanzamt arbeiten, ich habe da was für Sie…“.

Der geschulte Verkäufer koppelt das gerne mit einem Uralt-Trick: Verknappung und Zeitdruck. Er ruft kurz vor Weihnachten an, weist darauf hin, dass im nächsten Jahr alles viel schlimmer werden würde und man jetzt noch handeln müsse, zumal das Produkt ohnehin schon fast ausverkauft sei.

Dabei geraten die wesentlichen Fragen der Kapitalanlage meist völlig aus den Augen: Warum ist Geld wichtig für mich? Bringt mich die Investition meinen Zielen näher? Wie viel Komplexität halse ich mir auf? Passt die Investition in meine Vermögensstruktur? Ist sie auch ohne Steuervorteil wirtschaftlich sinnvoll?  

Illustration Stefan Heringer und Dr. Nikolaus Braun

Dr. Nikolaus Braun und Stefan Heringer sind die Gründer der Neunundvierzig Honorarberatung. Ihre Kernkompetenz ist die langfristige Begleitung Ihrer Mandanten rund um die Frage wie Vermögen Lebensqualität schaffen kann. Als Vermögensverwalter der Deutschen Wertpapiertreuhand stehen sie für finanzwissenschaftlich informierte Anlagestrategien. Braun ist zudem Autor des Finanzratgebers „Über Geld nachdenken“

Steuersparprodukte sind meist finanzieller Giftmüll 

Mit der Steuervermeidung als Köder schlucken viele Anleger den größten Giftmüll. Die Liste überteuerter und provisionsgeschwängerter Produkte ist lang: Ostimmobilien, Filmfonds – auch als „Stupid German Money“ bekannt ‒, Containerschiffe, 6b-Immobilienfonds, aber auch steueroptimierte Geldmarktfonds und Kapitallebensversicherungen ‒ um nur einige zu nennen.

Anwälte, Wirtschaftsprüfer, Verwalter, Marketingagenturen und natürlich der Finanzvertrieb, alle werden rund und satt bei dem Geschäft. Nur einer nicht: Sie. Denn zu über 90 Prozent enden solche steuermotivierten Investitionen im Desaster.

1. Wenn Sie Glück haben, gilt die erste Grundregel: Die Produktkosten sind deutlich höher als die Steuerersparnis.  

2. Wenn Sie Pech haben, trifft Sie die zweite Grundregel: Erst kommt die Verlustzuweisung, dann kommt der Verlust.  

3. Und noch eine Nebenwirkung von Steuersparmodellen wird meist übersehen: eine kaum mehr beherrschbare Komplexität.  

In den Worten eines meiner Lieblingsmandaten: „Ich glaube, außer vor dem Tod hatte meine Mutter vor nichts so viel Angst wie vor dem Staat und seinen Steuern. Einen Großteil des Familienvermögens hat sie deshalb in eine Liechtensteiner Familienstiftung getan. Jetzt werden seit Jahren Banken, Vermögensverwalter, Juristen, Steuerberater satt – und von uns drei Kindern kommt keiner mehr vernünftig ans Geld.“ 

Steuerstundung: einfach, risikolos und effizient 

Wenn Steuervorteile im Spiel sind, sollten alle Alarmglocken angehen. Umgekehrt: Wenn alle anderen Parameter stimmen, dann sollten Sie sich natürlich für die Variante entscheiden, in der Sie a) weniger und b) später Steuern zahlen. Gerade der Effekt, eine Steuerzahlung möglichst lange in die Zukunft zu verschieben, wird chronisch unterschätzt. Dabei ist das ganz einfach: Wenn Sie Ihre Wertpapiere nicht dauernd austauschen und an sinnvollen Investitionen langfristig festhalten, passiert das ganz von selbst.

Also, wenn Sie sich unnötige Kosten, Verluste und Komplexität ersparen wollen: Lassen Sie die Finger von vermeintlichen Steuersparmodellen.

Alles Liebe,
Ihr Stefan Heringer und Nikolaus Braun

 

Der Artikel basiert weitgehend auf einem Kapitel aus Nikolaus Brauns Finanzratgeber „Über Geld nachdenken“. Wenn Sie ein vom Autor persönlich signiertes Exemplar erwerben wollen, schreiben Sie uns eine formlose E-Mail an nachdenken@neunundvierzig.com

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