Porträt von Michael Burry
08.10.2021    Arne Gottschalck
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Viele Interviews gibt er nicht. Aber spätestens seit dem Jahr 2008 ist Michael Burry kein Unbekannter mehr in der Finanzszene. Denn er war einer der wenigen, die das Platzen der US-Immobilienblase vorhersahen. Und nun mahnt er wieder.

Burry ist ein Mann der klaren Worte – und ein Freund der Zahlen. Als junger Mann studierte er Medizin und promovierte in dem Fach. Wirtschaftswissenschaften? Liefen nebenher. Vielleicht kam daher vor 13 Jahren seine wissenschaftlich-kühle Analyse der Überhitzung eines Markts, des Fieberrauschs. Jedenfalls erkannte er, dass die Preise für US-Immobilien aus dem Ruder gelaufen waren. Er wettete mit seinem Hedgefonds Scion Capital dagegen. Sprich: Wenn der Markt an Wert verliert, würde er Geld verdienen. Er sollte recht behalten – und rund 700 Millionen Dollar damit erwirtschaften.

Der Markt knirscht

Inzwischen heißt der Fonds Scion Asset Management; die Immobilienblase ist milliardenteure Geschichte. Doch Burrys nüchterner Blick ist der gleiche geblieben. Entsprechend lakonisch lesen sich seine Einlassungen per Twitter. Die „Mutter aller Crashs“ kommt, schrieb er. Und schob als Begründung hinterher: Da sei zum einen FOMO, die „fear of missing out“, die Angst, etwas zu verpassen. Weil Anleihen angesichts der Inflation Kapital verzehren statt aufzubauen, greifen viele Anleger zu Aktien. Das gilt für Großinvestoren, aber inzwischen auch für Privatanleger. Das Deutsche Aktieninstitut meldete, dass die Zahl der hiesigen Aktionäre von 2019 auf 2020 von 9,7 auf 12,4 Millionen gestiegen sei. Und eine FOMO löse sich nicht seitwärts auf, so sinngemäß Burry. 

Mehr noch: Er warnt vor Meme-Aktien. Dahinter verbergen sich Wertpapiere, die durch die Diskussionen in sozialen Netzwerken wie Reddit getrieben werden. Zum Beispiel Gamestop. Teil drei seines Rundumschlags: Kryptowährungen – unter anderem, weil sie gehebelt werden können. Legt eine Kryptowährung um ein Prozent zu, kann für den Anleger etwa mit einem zehnfachen Hebel ein Plus von zehn Prozent herausspringen. Aber auch umgekehrt. Urteil Burry: „Wenn Krypto um Billionen Dollar fällt oder Meme-Aktien um zehn Milliarden Dollar, dann wird die #MainStreet mit Verlusten in der Größenordnung des Bruttoinlandsprodukts ganzer Länder rechnen müssen.“

Die offene Frage: Wie wichtig sind seine Mahnungen? Andere Investoren zumindest würdigen ihn mit einer Antwort. Cathy Wood zum Beispiel, unter anderem Verwalterin des ARK Innovation, eines aktiven ETFs. Damit setzt sie auch auf Meme-Aktien. Burry wiederum wettet auf einen Kursverfall des ARK Innovation. Wood twitterte, Burry verstünde jene Fundamentaldaten nicht, die explosives Wachstum schaffen und Investmentchancen im Innovationsbereich. Ob Wood recht hat oder Burry? Das wird die Zukunft zeigen. Aber die Bewertungen der Aktien im Auge zu behalten dürfte nicht schaden.

Zur Person

Michael Burry

geboren 1971, ist Arzt, Investor und Hedgefondsmanager. Bekannt wurde er, weil er einer der Ersten war, die gegen den US-Immo­bilienmarkt wetteten – mit Erfolg

08.10.2021    Arne Gottschalck
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