Krisenkommunikation
19.08.2020    Simon Wensing
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Wohlrabe weiß, dass Krisen meistens unvorbereitet kommen. Und doch könne man durchaus vorbereitet sein, sagt er. Hier gibt Wohlrabe Ratschläge, mit deren Hilfe Unternehmen ihre Kommunikationsstrategie abgleichen können.

Am DUB Business Talk nahmen teil:

  • Martin Wohlrabe, Geschäftsführer, CONSILIUM Rechtskommunikation
  • Brigitte Zypries, Bundeswirtschaftsministerin a.D.

Moderation: Jens de Buhr, Verleger DUB UNTERNEHMER-Magazin

Vier Tipps vom Experten: Vorbereitung ist alles

  1. Sprachregelungen müssen klar definiert sein. Wie weit kann man gehen? Wo ist die Schmerzgrenze?
  2. Die Kommunikation muss maximal einfach gehalten werden. Jeder sollte sofort verstehen, was kommuniziert wird.
  3. Auf das Tempo achten – Abstimmungsschleifen klein halten. Es muss schnell, aber überlegt, reagiert werden.
  4. Haltung – das Unternehmen muss wissen, wofür es steht.

 

Bei der Kommunikation müsse, so Wohlrabe, das Ziel immer klar definiert sein, welche Zielgruppe angesprochen werden soll und welche Unterstützer man an seiner Seite hat. Wenn das klar sei, komme keine Krise vollkommen unvorbereitet. Beim Fall Tönnies spielen seiner Meinung nach mehrere unvorhersehbare Faktoren, wie unklare hygienische Umstände oder der ungewisse juristische Ausgang, eine Rolle, die eine geordnete Kommunikation schwierig ausfallen lassen. Darüber hinaus gelinge es dem Unternehmen über weite Strecken nicht, glaubwürdig zu kommunizieren.

DUB Business Talks

Reputation der Firma Tönnies stark gelitten

Es ist eine der Krisen der letzten Jahre, die am meisten Aufsehen erregte – darüber sind sich die Experten im DUB Business Talk einig. Dabei waren die Signale eindeutig: Mehr als 1.500 Mitarbeiter der Firma Tönnies infizierten sich im Juni mit dem Coronavirus Covid-19 und legten eine ganze Region lahm. Clemens Tönnies entschuldigt sich zwar öffentlich für den Ausbruch in seiner Firma, will sich aber nichts zuschulden kommen lassen haben. Das Helmholtz-Zentrum bestätigte, dass vor allem Klimaanlagen die Viren verteilt haben könnten. Dieses starke Argument mit wissenschaftlicher Bestätigung könne der Grund sein, warum es auch noch keine größeren personellen Konsequenzen gab, so Wohlrabe. Nichtsdestotrotz habe die Reputation von Tönnies in Person und der Unternehmensgruppe stark gelitten. Ob da das jüngst herausgegebene 25 Punkte umfassende Sofortprogramm helfe, bleibe abzuwarten.

Zypries: „Wo Menschen handeln, da passieren auch Fehler“

Brigitte Zypries weiß, dass die gesamte Fleischindustrie seit Jahren unter besonderer Beobachtung steht. Tönnies habe einiges getan: sei es bei der Unterkunft der Mitarbeiter in Einzelwohnungen oder den breit durchgeführten Corona-Tests. Doch habe die Industrie momentan gar keine richtige Chance, sich zu rechtfertigen. Die Berichterstattung zu dem Thema Tierwohl sei hochemotional. Wohlrabe ergänzt, dass in diesem Fall vor allem die juristischen Folgen noch nicht abzusehen sind und daher die Kommunikation besonders schwierig ausfalle: „Recht und Justiz sind in nicht unerheblichem Maße für ein Unternehmen kriegsentscheidend und entsprechend wirtschaftlich bedeutsam.“

„Grundsätzlich geraten Krisen schnell in Vergessenheit“, sagt Wohlrabe aber auch. Doch in diesem Fall gibt es ein übergeordnetes Interesse. Zudem sei Tönnies, bis vor kurzem Aufsichtsrats-Chef beim Bundesligaclub Schalke 04, eine schillernde Persönlichkeit, die bereits in der Vergangenheit für Aufsehen gesorgt habe. Für das Unternehmen werde der Skandal wohl eine schmerzhafte, längerfristige Geschichte – eher „ein Marathon als ein Sprint,“ prognostiziert Wohlrabe.

19.08.2020    Simon Wensing
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