Mann in Anzug auf Startbahn
30.10.2020    Kai Makus
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Am DUB Digital Business Talk nahmen teil:

Moderation: Nicolas Rädecke, Geschäftsführer, Deutsche Unternehmerbörse DUB.de

Wenn ein Unternehmer ahnt, dass er in die Insolvenz schlittern könnte, sollte er „so früh wie möglich Rechtsberatung in Anspruch nehmen“. Diese Empfehlung begründet der Anwalt und Insolvenzverwalter Franc Zimmermann von der Kanzlei Mönning Feser Partner im DUB Digital Business Talk damit, dass so eine erfolgreiche Sanierung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens einfacher zu bewältigen ist. Dies wird immer schwieriger, je länger man mit dem Insolvenzantrag zögert. Dann kann auch er als erfahrener Insolvenzexperte manchmal „nur noch basteln“.

Der Anzeige einer Zahlungsunfähigkeit haftet immer noch ein Makel an – für Zimmermann liegt das daran, dass sowohl der Unternehmer selbst als auch Außenstehende dies als Scheitern werten. „Aber es gibt Umstände, die zwingend dazu führen, dass die Insolvenz eintritt.“ Corona lässt grüßen. Unternehmer sollten sich allerdings auch in der Krise nicht von Medienberichten täuschen lassen. Zwar gilt weiterhin die gesetzliche Ausnahme, dass eine Insolvenz nur dann rechtzeitig angezeigt werden muss, wenn Zahlungsunfähigkeit vorliegt und nicht bei Überschuldung. Beides hängt aber eng zusammen, wie die Expertin Madelaine Volckmar von der Steuerberatung BB Backofen & Brennecke erläutert.

Digitalisierung hilft 

Bei ihr läuten die Alarmglocken, wenn beispielsweise (Voraus-)Zahlungen von Lohn- und Umsatzsteuern oder Sozialversicherungsbeiträgen verspätet geleistet werden. „Wir sehen das recht schnell, wenn wir mit der Buchhaltung betraut sind.“ Probleme entstünden häufig auch durch eine späte Rechnungsstellung. Volckmar nimmt als Beispiel einen kleinen Handwerksbetrieb ohne Bürokräfte: „Der Monteur setzt sich abends nicht unbedingt hin und schreibt seine Rechnungen.“ Die bleiben dann erst einmal liegen.

Das klappt ihrer Einschätzung nach besser, wenn sich auch kleine und mittelgroße Unternehmen jetzt schrittweise digitalisieren. „Ich kann das per se jedem sofort empfehlen“, so die Steuerexpertin. Selbst die Gastronomie müsse inzwischen digital werden – wenn auch vorerst nur die Kassensysteme. Gastro-Berater Kevin Paschmann vom Wolfsburger Restaurant „Kolumbianischer Pavillon“ setzt sogar auf Vollsysteme. Diese verfolgen zum Beispiel ein Getränk quasi von der Order des Gastes über die Bezahlung bis hin zur Nachbestellung beim Lieferanten zwecks Auffüllen der Vorräte. Paschmann, der während der Insolvenz in das Geschäft eingestiegen ist, räumt aber ein, dass sich diese Investition für kleinere Betriebe nur selten lohnt.

Mitarbeiter einbinden

Die Digitalisierung spielt für ihn aber eine zentrale Rolle, wenn ein Unternehmen in der Insolvenz fit für die Zukunft gemacht und erfolgreich zum Neustart geführt werden soll. Ein weiterer wichtiger Punkt: die Mitarbeiter motivieren. Dabei hilft ihm „ein kooperativer Führungsstil, das Einbinden in Entscheidungen, die Teamzugehörigkeit“ – auch am wohl bevorstehenden Ende des Insolvenzverfahrens ist bei Paschmann daher dieselbe Mannschaft wie an dessen Anfang „noch zu 100 Prozent an Bord“.

Das Restaurant „Kolumbianischer Pavillon“ sollte gestärkt aus dem Insolvenzverfahren hervorgehen, an dem sich auch Zimmermann und Volckmar beteiligt haben. Die Zuversicht bei allen war groß; Paschmann und seine Mitgesellschafter warteten eigentlich nur noch auf die Mitteilung des zuständigen Amtsgerichts, dass es jetzt wieder voll losgehen kann. Doch die neuerlichen Corona-Schließungen ab November haben den Enthusiasmus etwas gedämpft. „Lieferservice können wir nicht machen, weil wir ein Restaurant führen wollten und unser Küchenleiter Angebote entwickelt hat, die man nicht außer Haus verkaufen kann“, so Paschmann. Deshalb aufgeben will er aber keinesfalls. Schließlich steht noch nicht einmal fest, wie die von der Bundesregierung angekündigten weiteren Hilfen für die Gastro-Branche tatsächlich ausgestaltet werden.

30.10.2020    Kai Makus
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