Kolumne

KI & Robotics = neue Weltordnung

Was jetzt kommt, verändert alles

Frank Thelen ist einer der bekanntesten deutschen Tech-Investoren und Unternehmer. Als Experte für KI, Blockchain und Zukunftstechnologien teilt er sein Wissen in seiner monatlichen Kolumne. Thelen wurde durch seine Rolle bei Die Höhle der Löwen einem breiten Publikum bekannt und ist Gründer der Investmentfirma Freigeist Capital. In seinen Beiträgen analysiert er aktuelle Technologie-Trends und erklärt, welche Innovationen die Wirtschaft und unseren Alltag revolutionieren.

Frank Thelen und ein humanoider Roboter in einem Labor

26.02.2025

In den vergangenen Wochen schlug es hohe Wellen in der KI-Szene: Die Welt schaute voller Erstaunen auf die Effizienz von DeepSeek. Nach langer US-Dominanz zeigt China auf einmal: Wir können auch KI und das sogar deutlich effizienter als ihr. Die Märkte reagierten sofort, insgesamt verloren KI-Aktien über eine Billion an Marktwert. Bemerkenswert ist hierbei: DeepSeek ist OpenSource und war seit Monaten bekannt, erst jetzt wurde es aber “plötzlich” von der internationalen Presse aufgegriffen. Und natürlich war es doch nicht so effizient wie gedacht. Die Entwicklung war doch deutlich teurer, es wurden zum Beispiel H100 Chips aus dem Graumarkt verwendet. Dennoch: DeepSeek bringt neue Ideen und zeigt eindrucksvoll, dass Large Anything Models (LxM) eine Schlüsseltechnologie für unsere Zukunft sind. Doch was genau steckt hinter diesen LxMs und warum sind sie der womöglich größte Schritt in der Entwicklung der KI?

Large Anything Models – exponentielle Entwicklung ohne Grenzen?

Die Idee ist simpel und doch immer noch für viele kaum greifbar: LxMs sind große KI-Modelle, die das Konzept der Large Language Models (LLMs) auf andere Daten und Anwendungen übertragen. Alle Modelle werden auf riesigen Datensätzen trainiert. Der entscheidende Unterschied? Sie sind nicht nur auf Sprache beschränkt, sondern können Texte, Bilder, Audio, Videos und sogar 3D-Modelle verarbeiten und generieren. Die Möglichkeiten, die sich aus diesen KI-Modellen ergeben, sind revolutionär in vielerlei Hinsicht. Was mich jedoch am meisten begeistert – und wer mich kennt, ahnt es bereits – ist die neue Dimension, die dieser Fortschritt für die Welt der humanoiden Roboter eröffnet.

Humanoide Roboter vs. Menschen - sind wir selbst ein LxM?

In meiner ersten Kolumne habe ich es bereits angekündigt: Humanoide Roboter sind ein zentraler Baustein unserer Zukunft. Dank Large Anything Models werden sie endlich skalierbar, sowohl in der Produktion als auch in ihrer Leistungsfähigkeit. Diese Modelle erfassen und replizieren alle Facetten menschlichen Verhaltens, sodass humanoide Roboter nicht nur programmiert, sondern tatsächlich trainiert werden können. Der entscheidende Punkt: Wir als Menschen funktionieren genauso! Wir lernen zu hören, zu sehen, zu kombinieren – wir sind im Grunde selbst LxMs. Die Parallelen zwischen künstlicher und natürlicher Intelligenz werden immer deutlicher und genau deshalb stehen wir an der Schwelle einer völlig neuen Ära der Robotik. Wir sind kurz davor, den Menschen realistisch zu kopieren.

Hin und wieder begegne ich immer noch Menschen, die sehr skeptisch sind: Man kann den Menschen doch nicht kopieren?! Besonders unsere Intelligenz sei einmalig. Aber die aktuellen Entwicklungen zeigen etwas anderes. Die Grundlagen sind gelegt und weltweit startet die größte Investitions-Welle in der Geschichte der Robotik – mit hunderten Milliarden Dollar pro Jahr. Die ersten humanoiden Roboter wie Optimus und Figure existieren bereits.

Unternehmen wie Softbank sind in über 20 Robotik-Firmen investiert, während NVIDIA spezielle Hardware- und Softwarelösungen für Roboter entwickelt. Die äußere Hülle – der Körper der menschlichen Kopie – wird immer stärker, agiler und präziser. Und mit der rasanten Entwicklung von KI entsteht jetzt auch das entscheidende fehlende Puzzlestück: das künstliche Gehirn. Parallel dazu treiben bahnbrechende Fortschritte bei Chips und Speichertechnologien diese Entwicklung weiter voran. Die USA befeuern diese Entwicklung durch historische Rekord-Investitionen: Neben 500 Milliarden US$ von Stargate investieren u.a. Microsoft, Alphabet und Meta Milliarden-Beträge in die Entwicklung Künstlicher Intelligenz.

Doch enorme Effizienzsteigerungen, Risikominimierung und Skalierbarkeit sind nicht der einzige Outcome. Das Resultat könnte die Unabhängigkeit der USA von China bedeuten, denn der “Cheap Labour” Vorteil entfällt. China selbst ersetzt bereits seine billigen und sehr fleißigen Mitarbeiter bereits: In der Fabrik des Herstellers Xiaomi arbeiten nahezu keine Mitarbeiter mehr, parallel werden die ersten Smartphones produziert, die zu 100% von Feinmotorik- Robotern produziert werden. Was noch vor kurzer Zeit undenkbar war, ist plötzlich Realität.

Europa im KI-Wettlauf: Aufbruch oder Rückstand?

Während die Welt in atemberaubendem Tempo in Richtung KI-Ära rast, schauen Deutschland und weite Teile Europas bisher noch aus der Ferne zu. Doch das ändert sich nun endlich. Auf dem KI-Gipfel in Paris wurden bedeutende Investitionen in den Bereich der KI angekündigt. Laut Ursula von der Leyen will Europa 200 Milliarden Euro für Investitionen in Künstliche Intelligenz in Europa mobilisieren, einschließlich eines neuen europäischen Fonds von 20 Milliarden Euro für „KI-Gigafabriken“. Auch Frankreichs Präsident Macron kündigte Investitionen von mehr als 100 Milliarden Euro an. Ein längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung.

Doch die große Frage bleibt: Haben wir überhaupt die Kompetenz, dieses Kapital effektiv einzusetzen? Denn Geld allein baut keine effizienten KI-Rechenzentren und wer senkt unsere Energiepreise? Genau hier wird sich entscheiden, ob Europa im KI-Rennen mithalten kann oder sich von den USA und China abhängen lässt. Ich hoffe auf klare und starke Impulse der neuen Regierung!