Es ist die Demografiefalle, in der das System der Sozialversicherungen hierzulande gefangen ist. Noch 2018 gab es 51,8 Millionen Bundesbürger im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 66 Jahren. Nach 2035 werden es lediglich noch 45,8 Millionen sein. Dagegen steigt die Zahl der Menschen ab 67 Jahre im selben Zeitraum um 32 Prozent von 15,9 auf 21 Millionen. Im Jahr 2040 müssen 100 Erwerbsfähige für 47 Senioren zahlen; 2020 lag das Verhältnis bei 100 zu 31.
„Die bisher diskutierten Ansätze zur Bewältigung der steigenden Pflegekosten führen allesamt zu einer massiv erhöhten Belastung der jungen Erwerbstätigen. Egal ob Bundeszuschüsse aus Steuergeldern, eine Pflegevollversicherung oder eine Deckelung der Heimkosten mit Übernahme des Löwenanteils durch die Pflegeversicherung – dies alles ginge zulasten der nachfolgenden Generationen“, sagt Stefan Reker, Geschäftsführer und Leiter des Bereichs Kommunikation beim PKV-Verband.
PKV-Verband plädiert für neuen Generationenvertrag
Um die Pflege finanziell dauerhaft zu sichern, hat der PKV-Verband einen „neuen Generationenvertrag“ vorgeschlagen. Dieses Konzept soll die Belastung der älteren Generation infolge steigender Pflegekosten gezielt dämpfen und den Jüngeren beim Aufbau einer privaten Eigenvorsorge helfen. Zugleich würde der Beitragssatz zur Pflegeversicherung langfristig auf einem Niveau gehalten.
„Der Vorschlag soll die solidarische Unterstützung für die Älteren mit Gerechtigkeit für die jüngeren Generationen verbinden“, so Reker. Er schildert die Eckpunkte: „Die Älteren erhalten erstmals in der Geschichte der gesetzlichen Pflegeversicherung eine regelmäßige Dynamisierung der Leistungen. Die jüngeren Jahrgänge müssen schrittweise mehr privat vorsorgen, werden dabei aber durch eine finanzielle Förderung unterstützt. Damit lässt sich der Beitragssatz zur Pflegeversicherung bis zum Jahr 2040 auf dem heutigen Niveau nahe drei Prozent stabilisieren.“
Steuervergünstigungen sollen motivieren
Beim PKV-Verband hat man sich auch Gedanken um mögliche Fördermaßnahmen gemacht. Diese könnten etwa eine betriebliche Pflegeversicherung betreffen – mit Steuer- und Sozialabgabenfreiheit. So ließen sich ganze Belegschaften gegen das Pflegerisiko absichern. Es könnte einen Steuerabzug für Beiträge zu Pflegezusatzversicherungen geben.
Personen, die nicht von einer Steuervergünstigung profitieren, weil sie keine oder wenig Steuern entrichten, sollten Zuschüsse erhalten. „Und Personen, die aufgrund hohen Alters einen sehr hohen Beitrag zahlen müssten, könnten sich bei Versicherern über einen Einmalbetrag ein günstigeres Einstiegsalter und so eine deutlich niedrigere Prämie sichern“, ergänzt Reker die Palette der Ideen.
Hoher Eigenanteil im Pflegefall
Die gesetzliche Pflegeversicherung zahlt im Pflegefall immer nur einen Teil der tatsächlichen Kosten. Die Differenz müssen die Versicherten selbst tragen. So liegt der Eigenanteil bei Unterbringung in einem Pflegeheim aktuell bei durchschnittlich 2.297 Euro pro Monat. Die betriebliche Pflegeversicherung ist ein geeignetes Instrument, um die Pflegeversorgung nachhaltig und vor allem auch generationengerecht abzusichern – und sie bietet dabei Vorteile für alle Beteiligten. „Nicht zuletzt wäre sie ein gutes Recruiting-Argument für Unternehmen, die unter dem Fachkräftemangel leiden“, so Reker.
Petra Lindemann vom Bundesarbeitgeberverband Chemie war 2021 am Zustandekommen der Vereinbarung zur arbeitgeberfinanzierten tariflichen Pflegezusatzversicherung CareFlex Chemie beteiligt. Sie berichtet: „CareFlex Chemie steigert die Arbeitgeberattraktivität in jedem Fall. Unsere Absicherung steht ausschließlich Mitgliedsunternehmen im Flächentarifvertrag Chemie offen. Wir haben viele Anfragen von Unternehmen aus der Branche erhalten, die jedoch kein Mitglied sind. Das zeigt uns die Attraktivität, die unser Modell für viele Unternehmen hat.“
Henkel ging einen anderen Weg: Der Konsumgüterhersteller bietet seit 2019 für seine Beschäftigten eine betriebliche Pflegezusatzversicherung in Zusammenarbeit mit der Deutschen Familienversicherung an. Henkel übernimmt die Beiträge zur Pflegevorsorge – ohne dafür eine Tarifvereinbarung zu treffen.
Auf eigene Faust absichern
Bereits heute können die Bundesbürger der Pflegelücke begegnen. Denn es gibt günstige Lösungen für die private Vorsorge, wie eine aktuelle Marktanalyse der Ratingagentur Assekurata im Auftrag des PKV-Verbands zeigt.
„Eine vollständige Absicherung der Pflegelücke durch ein zusätzliches Pflegegeld von monatlich rund 2.100 Euro bei stationärer Pflege gibt es etwa bei Versicherungsbeginn mit 25 Jahren schon ab 33 Euro im Monat, für 35-Jährige ab 49 Euro und für 45-Jährige ab 73 Euro“, erklärt Reker.